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       # taz.de -- Koalitionsausschuss im Kanzleramt: Keine Einigung im Asylstreit
       
       > Vier Stunden haben nicht gereicht, um Lösungen zu finden. Die CSU wartet
       > ab, was die Kanzlerin beim EU-Gipfel erreicht.
       
   IMG Bild: Keine Einigung im Asylstreit, dafür beim Baukindergeld: Die Koalition ist noch handlungsfähig
       
       Berlin dpa/afp/epd/reuters | Die Koalition hat bei ihrem Spitzentreffen im
       Kanzleramt [1][keine Einigung im Asylstreit] erreicht. Unionsfraktionschef
       Volker Kauder (CDU) sagte am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“, es bestehe
       aber weiterhin Hoffnung, dass man eine Lösung finde. „Solange miteinander
       gesprochen wird und auch über die Frage gesprochen wird, wie geht es
       weiter, ist immer noch Grund, darauf zu hoffen, dass wir zu einem Ergebnis
       kommen.“ Vor allem CDU und CSU liegen in Asylfragen über Kreuz. Sogar die
       Fraktionsgemeinschaft der beiden Parteien und damit auch die große
       Koalition stehen auf dem Spiel.
       
       Hintergrund des Asylstreits ist die Ankündigung von Innenminister Horst
       Seehofer (CSU), Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land
       registriert wurden, an der deutschen Grenze abzuweisen. Kanzlerin Angela
       Merkel (CDU) ist gegen diesen „nationalen Alleingang“ und möchte auf dem
       EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag für eine „europäische Lösung“ in
       der Flüchtlingspolitik werben. Die SPD steht in dieser Frage hinter Merkel.
       
       SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sagte im ARD-„Morgenmagazin“
       auf die Frage, ob sich ihre Partei auf Neuwahlen vorbereitet: „Das weiß ich
       noch nicht, (…) das warten wir jetzt mal ab.“ Nahles sagte, ihre Partei
       warte darauf, dass die Koalitionspartner wieder zur Sacharbeit
       zurückfänden. „Wir haben eine ausgesprochen angespannte Lage in dieser
       Regierung.“ Sie sagte weiter, nun solle abgewartet werden, was Merkel beim
       EU-Gipfel mit den europäischen Partnern „an Lösungskorridoren verhandeln
       kann“. „Das ist auch okay, die Zeit muss auch sein“, sagte die
       SPD-Politikerin.
       
       Es sei aber „unbefriedigend“, dass die Hängepartie weiter andauere. „Wir
       haben eine ausgesprochen angespannte Lage in dieser Regierung“, stellte
       Nahles fest und bekräftigte die Bereitschaft ihrer Partei, an Reformen
       mitzuarbeiten, betonte aber die Notwendigkeit einer europäischen Lösung:
       „Es braucht Reformen, wir brauchen auch eine Dublin-Reform, wir brauchen
       eine klare Steuerung und eine Ordnung der Zuwanderung nach Deutschland“,
       sagte Nahles. „Aber wir wollen das nicht im Alleingang.“
       
       ## Mögliche Entlassung Seehofers
       
       Sie warnte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), im Alleingang
       anzuordnen, dass bestimmte Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden.
       „Wir haben eine Situation, wo das, was Herr Seehofer und die CSU
       vorschlägt, Auswirkungen auf ganz Europa hat. Das ist wie ein
       Domino-Effekt“, sagte Nahles und ergänzte: „Wir halten diese Form der
       einseitigen Zurückweisung nicht mit dem EU-Recht für kompatibel.“ Sollte
       Seehofer handeln, sei die Kanzlerin am Zug, darauf zu reagieren. Es steht
       im Raum, dass Merkel Seehofer dann entlassen könnte. Nahles betonte: „Ich
       kann die Konflikte zwischen CDU und CSU nicht lösen.“
       
       CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will Merkel nicht mehr Zeit
       einräumen auf der Suche nach einer europäischen Lösung bei der Neuordnung
       der Asylpolitik. Er sagt im ARD-„Morgenmagazin“, der Zeitplan sei klar.
       Wenn man eine europäische Lösung auf der Zeitschiene nach hinten schiebe,
       sei nichts gewonnen. Die CSU will am Sonntag über die Ergebnisse des
       EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag beraten und ab Montag gegebenenfalls
       Asylsuchende an der Grenze abweisen, wenn sie schon in einem anderen Land
       registriert sind.
       
       Volker Kauder sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Wir haben auf jeden Fall die
       Zeit am Sonntag und am Montag, miteinander zu sprechen. Die CSU wird
       ebenfalls am Sonntag tagen, und dann werden wir die Ergebnisse abwarten.“
       Der Unionsfraktionschef räumte aber auch ein: „Gut, es ist sehr ernst, das
       hat man gestern auch in den Gesprächen gemerkt. Da geht es nicht nur um
       eine Kleinigkeit, da geht es um etwas ganz Zentrales und Wichtiges.“
       
       Kauder bestritt, dass die große Koalition wegen dieses Konflikts nicht
       handlungsfähig sei. So hätten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD im
       Streit um die Details des milliardenschweren Baukindergelds für Familien
       geeinigt. „Wir haben uns darauf verständigt, dass wir das Baukindergeld
       jetzt auf den Weg bringen“, sagte er. Die Lösung des Streits ist die
       zeitliche Begrenzung der Leistung und die Aufhebung einer Deckelung. „Es
       wird in der Zeit von 01.01.2018 bis 31.12.2020 gezahlt werden, und zwar
       ohne eine Begrenzung auf Quadratmeterzahlen.“
       
       ## Baukindergeld wird umgesetzt
       
       So bleibt es bei dem Zuschuss von 12.000 Euro in zehn Jahren pro Kind.
       Kauder sprach von einem schnellen Schub für den Wohnungsbau. Daneben gebe
       es dann noch die Abschreibungen für den Wohnungsbau und mehr Geld für den
       sozialen Wohnungsbau. „Die Städtebauförderung wird stabilisiert auf dem
       Niveau dieses Jahres“, erklärte der CDU-Politiker. Nahles sprach von einer
       guten Lösung. Sie bestätigte im ARD-„Morgenmagazin“, es werde keine
       Begrenzungen geben. Das Baukindergeld werde wie im Koalitionsvertrag
       vereinbart umgesetzt.
       
       Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte mit seinem Plan, das neue
       Baukindergeld für Familien wegen befürchteter Mehrkosten in Milliardenhöhe
       mit schärferen Auflagen zu versehen, Streit ausgelöst. Die Sorge bestand,
       dass die zunächst von Union und SPD bis 2021 veranschlagten zwei Milliarden
       Euro nicht reichen würden. Eine vierköpfige Familie sollte demnach nur noch
       dann Anspruch auf den vorgesehenen Gesamtzuschuss von 12.000 Euro pro Kind
       über zehn Jahre haben, wenn die Wohnfläche beim Hausbau oder Immobilienkauf
       120 Quadratmeter nicht übersteigt. Innen- und Bauminister Horst Seehofer
       (CSU) hatte dem zugestimmt. Aus der Unionsfraktion kam Protest.
       
       27 Jun 2018
       
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