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       # taz.de -- Antisemitisches Mobbing in Berlin: Schule räumt Versäumnisse ein
       
       > Erneut ist es in Berlin zu antisemitischem Mobbing gekommen. An keiner
       > „Problem“-Schule, sondern an der renommierten John-F.-Kennedy-Schule
       
   IMG Bild: Die Kennedy-Schule gilt nicht als sozialer Brennpunkt
       
       Berlin taz | Antisemitische Vorfälle müssen Schulen melden. So schreibt es
       der Notfallplan für Berliner Schulen vor. Ein Schüler der 9. Klasse der
       John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf musste nach Aussage der Eltern über
       rund ein halbes Jahr antisemitisch motiviertes Mobbing über sich ergehen
       lassen, bis der Senat vor drei Wochen davon erfuhr: Die Eltern des Schülers
       hatten sich an die Antidiskriminierungsbeauftragte der
       Senatsbildungsverwaltung gewandt.
       
       Die Schule selbst hat inzwischen [1][in einem online veröffentlichten
       Statement] Versäumnisse eingeräumt. Man habe Ausmaß und Ernsthaftigkeit
       zunächst unterschätzt, heißt es darin.
       
       Zuerst hatte die Berliner Zeitung am Mittwoch über den neuen
       Antisemitismus-Fall berichtet. Demnach sollen mehrere Mitschüler den
       jüdischen Neuntklässler immer wieder drangsaliert haben. Ein Mitschüler
       soll ihm Zigarettenrauch ins Gesicht geblasen und dabei gesagt haben, der
       jüdische Schüler solle an seine vergasten Vorfahren denken, heißt es in dem
       Bericht. Zudem sollen ihn Mitschüler mit Zetteln tyrannisiert haben, auf
       denen Hakenkreuze aufgemalt waren. Laut Berliner Zeitung soll der Schüler
       auch wegen seines Körpergewichts gehänselt worden sein. Etliche Schüler
       haben das Mobbing offenbar über längere Zeit toleriert oder unterstützt.
       
       In der Bildungsverwaltung ist man verwundert darüber, wie „solche
       gravierenden Vorfälle über so lange Zeit unbemerkt“ bleiben konnten. „Die
       Schule muss sich die Frage stellen, warum man sich nicht frühzeitiger der
       Fälle angenommen hat“, so Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Da es
       sich um mehrere Taten handele, müsse jede einzeln und gründlich
       aufgearbeitet werden. „So etwas darf sich nicht wiederholen“, so Scheeres
       weiter. Unter anderem solle das Meldesystem der Schule auf den Prüfstand
       und die Maßnahmen zur Vorsorge, Intervention und zur Nachsorge untersucht
       werden.
       
       ## Prävention und Aufklärung
       
       Die Schule hat inzwischen Hilfekonferenzen anberaumt, aus aktuellem Anlass
       werden am Donnerstag und am Freitag die Klassenlehrerinnen und
       Klassenlehrer das Thema „Diskriminierung“ im Unterrichtsgespräch
       aufgreifen. Zudem findet ein Gespräch mit der Präventionsbeauftragten der
       Polizei statt.
       
       Darüber hinaus will sich die JFKS im kommenden Schuljahr zusammen mit dem
       Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA)
       fächerübergreifend mit dem Thema beschäftigen und es in den Unterricht
       aufnehmen.
       
       Beim Senat begrüßt man die Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Forum. „Das
       finden wir sehr gut“, sagte eine Sprecherin der taz – und verwies zugleich
       auf das breite Angebot an Partnern für die Präventionsarbeit gegen
       Rassismus und Antisemitismus. „Man muss es nur nutzen.“
       
       ## Mehrere Fälle in Berlin
       
       Geplant ist nun zunächst eine Lehrerfortbildung, die zügig nach den
       Sommerferien stattfinden soll. Das sagte Carl Chung, Koordinator für
       Politische Bildung beim JFDA der taz. Er bestätigte, dass die Schule sich
       nach den Vorfällen an das Jüdische Forum gewandt hatte. Chung verwies auf
       eine generell zunehmend aggressive Ausformung von Antisemitismus, warnte
       aber zugleich davor, von einem importierten – muslimischen – Antisemitismus
       zu sprechen. „Wenn, dann müsste es re-importiert heißen, denn der
       muslimische Antisemitismus stammt historisch aus dem europäischen.“ Darüber
       hinaus sei kein politischer oder gesellschaftlicher Bereich unberührt
       davon.
       
       In Berlin war es im vergangenen Jahr immer wieder zu antisemitischem
       Mobbing gekommen, etwa im Dezember an der Ernst-Reuter-Schule in
       Gesundbrunnen. Dort wurde ein 18-jähriger Schüler von einer Mitschülerin
       beschimpft. „Wallah, Hitler war ein guter Mann, denn er hat die Juden
       getötet“, soll ein Mädchen gesagt haben. Zuvor hatte ein 14-Jähriger seine
       Schule in Friedenau verlassen, nachdem er mehrfach – auch körperlich –
       antisemitisch angegriffen worden war.
       
       Welchen Hintergrund der aktuelle Fall hat, ist bislang unklar. Die
       bilinguale John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf wird von zahlreichen
       Diplomatenkindern besucht. Zu den Eltern gehören viele Angehörige der
       US-Botschaft. Es gibt einen deutschen und einen amerikanischen Schulleiter.
       (mit epd)
       
       27 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://jfks.de/presserklaerung-zu-einem-antisemitischen-vorfall/?lang=de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ariane Lemme
       
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   DIR Lesestück Recherche und Reportage
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