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       # taz.de -- Die AfD und die DFB-Elf: „Glückwunsch Erdoğan“
       
       > Das Verhältnis der AfD zur Nationalmannschaft ist schwierig. Kein Wunder,
       > dass der Schuldige fürs Vorrundenaus schnell gefunden war.
       
   IMG Bild: Selten kommt die AfD ihrer Vorstellung von fahnenschwenkenden PatriotInnen so nahe, wie zur WM
       
       Für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier war klar, wer für die
       Niederlage der deutschen Nationalmannschaft verantwortlich ist: Mesut Özil.
       Ohne ihn, so ist sich Maier auf Twitter sicher, hätte die Elf gewonnen.
       Ähnlich äußerte sich der Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion
       Christian Lüth: „Özil kann zufrieden sein, Glückwunsch Erdoğan“ schreibt
       er. Offen bleibt, was der türkische Präsident vom Ausscheiden der DFB-Elf
       hat.
       
       [1][Beide spielten auf das Treffen Özils mit Recep Tayyip Erdoğan an]. Ende
       Mai hatte Özil den türkischen Staatspräsidenten zusammen mit Ilkay Gündoğan
       in London getroffen – und damit eine Debatte über das Verhältnis von
       Fußballern und Politik ausgelöst.
       
       Neben dem offensichtlichen fußballerischen Unverstand, den die beiden damit
       offenbaren – Özil hatte die zweitmeisten Ballkontakte und bereitete sieben
       Torschüsse vor – ist davon auszugehen, dass es der AfD nicht darum geht,
       den autokratischen türkischen Präsidenten zu kritisieren. Ihnen geht es um
       etwas anderes: um Özils Migrationshintergrund.
       
       Und nicht nur Özils. Uwe Schulz, AfD-MdB, schrieb bei Twitter zum DFB-Aus:
       „Unsere Nationalmannschaft nahm ja ohnehin nicht teil.“ Mittlerweile ist
       der Beitrag gelöscht. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hatte schon vor dem
       Spiel gegen Südkorea bekanntgegeben, dass sie nicht für Jogis Auswahl
       jubeln werde: „Ich muss ganz ehrlich sagen, so wie die Nationalmannschaft,
       die ja nur noch die Mannschaft heißt, aufgestellt ist, habe ich da schon
       Probleme, insgesamt für die deutsche Mannschaft zu applaudieren. Solange
       man Gündoğan und Özil, die offensichtlich ein Problem mit unserem Staat
       haben, da zulässt.“
       
       Das Verhältnis zwischen AfD und Fußballnationalmannschaft, es ist
       kompliziert. Wie soll die Partei damit umgehen, dass eine multikulturelle
       Mannschaft, die Spieler verschiedener Herkünfte zusammenbringt und zu einem
       Team formt, die Bundesrepublik repräsentiert? Multikulti ist nicht das,
       wofür die Partei steht, das hat sie immer wieder klargemacht.
       
       Einerseits. Andererseits: Nur selten kommt die AfD ihrer Idealvorstellung
       von fahnenschwenkenden PatriotInnen so nahe, wie bei einer Fußball-WM oder
       -EM der Männer. Der Unterschied zwischen AfD-Aufmarsch und Fanmeile ist
       zumindest optisch nur schwer auszumachen. Das ist natürlich auch einigen
       Fans nicht entgangen. Und so behaupten erste ExpertInnen schon, [2][die AfD
       habe den unbeschwerten „Schland“-Partypatriotismus zerstört].
       
       ## Echte Kritik an Erdoğans AKP geht anders
       
       Ob die optische Nähe zu AfD-Aufmärschen die Fans der Nationalmannschaft
       wirklich stört, sei mal dahingestellt. Klar ist auf jeden Fall: Der
       Unterschied zwischen der Özil-Kritik der AfD ist nur schwer von der
       NPD-Attacke auf Patrick Owomoyela zu unterscheiden. 2006 hatte die Partei
       den schwarzen Nationalspieler rassistisch beleidigt. Die Folge: Ein Jahr
       auf Bewährung für den damaligen Parteivorsitzenden Udo Voigt.
       
       Die AfD geht subtiler vor – inhaltlich aber nicht weniger deutlich.
       Deutsch, so scheint es, sei demnach nur, wer eine weiße Hautfarbe habe und
       dessen Vorfahren seit Anbeginn der Zeiten auf dem Gebiet Deutschlands
       gelebt hätten. Echte Kritik an Erdoğans AKP geht jedenfalls anders.
       
       AfD-Fraktions-Chefin Weidel dürfte das Aus der deutschen Nationalmannschaft
       auch aus einem anderen Grund nicht traurig stimmen: In einem WDR-Interview
       antwortet sie auf die Frage, ob sie eher für die Schweiz die Daumen drücke,
       wo Weidel einen Zweitwohnsitz hat: „Ich steck' nicht so drin in diesen
       ganzen Fußballmeisterschaften. Ich bin da nicht so, ich bin auch für die
       Schweden. Unser Jüngster hat ein Trikot vom Senegal geschenkt bekommen und
       läuft damit rum. Das ist eigentlich völlig egal.“
       
       Schweden ist weiter, der Senegal könnte es heute noch schaffen. Alles gut
       im Hause Weidel also.
       
       28 Jun 2018
       
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