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       # taz.de -- AfD-Parteitag in Augsburg: Die Rechte diskutiert Sozialpolitik
       
       > AfD-Chef Meuthen erntet wenig Begeisterung für seine Rentenpläne. Höcke
       > setzt sich dagegen mit einem Sonderparteitag zu Sozialpolitik durch.
       
   IMG Bild: Während Meuthen wenig Zustimmung erfährt, bekommt Gauland um so mehr
       
       AfD-Chef Jörg Meuthen hat die Antifa und die Kanzlerin beschimpft, den
       Multikulturalismus gegeißelt, den Bau einer „Festung Europa“ gefordert und
       Strache, Kurz, Salvini und Orban gelobt. Also vieles von dem gebracht, was
       AfD-Delegierte gerne hören. Doch als Meuthen seine Rede auf dem
       Bundesparteitag der AfD in Augsburg am Mittag beendet, hält sich – anders
       als auf den Parteitagen zuvor – der Applaus in Grenzen. Zwar stehen die
       Delegierten klatschend auf, doch das wirkt pflichtschuldig. Mitgerissen hat
       Meuthen seine ZuhörerInnen nicht.
       
       Das dürfte an seinen Ausführungen zur Rente liegen. Meuthen hat für einen
       Systemwechsel in der Altersvorsorge plädiert. Er will weg vom
       „zwangsfinanzierten Umlagesystem“, der Staat soll seiner Vorstellung nach
       nur für die aufkommen, die es alleine nicht schaffen. Auch der Vorstellung,
       dass Selbstständige und Beamte wie Angestellte in die Rentenkasse
       einzahlen, hat Meuthen eine Absage erteilt.
       
       Was er sagt, ist wenig konkret. Doch klar ist: Es widerspricht
       grundsätzlich dem, was der radikal rechte Flügel der Partei um Thüringens
       Partei- und Fraktionschef Björn Höcke jüngst vorgeschlagen hat. Der setzt
       auf einen national-sozialen Kurs, der unter anderem staatliche Zuschläge
       für niedrige Renten nur für deutsche Staatsbürger vorsieht.
       
       „In der Diskussion wird sich zeigen, ob Meuthens Position mehrheitsfähig
       ist“, sagt der Thüringer Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl, ein Mitstreiter
       Höckes, nachdem der Parteichef seine Rede beendet hat. Mehr will er nicht
       sagen. Doch es schwingt mit: Pohl glaubt dies nicht. Und dass Meuthen sich
       so klar auf die andere Seite geschlagen hat, scheint ihn zu ärgern.
       
       Die AfD hat bislang kein sozialpolitisches Programm, derzeit wird
       vielerorts an zum Teil konträren Konzepten gearbeitet. Höcke hat in
       Augsburg einen Antrag eingebracht, im kommenden Jahr einen Sonderparteitag
       zum Thema einzuberufen. Er hat dabei die Landtagswahlen im Blick, die im
       Herbst 2019 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stattfinden.
       
       „Wenn wir soziale Gerechtigkeit mit dem Thema Identität verknüpfen, werden
       wir zur stärksten Volkspartei“, sagt er zur Begründung. Der Bundesvorstand
       versucht, das Thema von der Tagespordung zu verbannen. Er scheitert nicht
       nur, der Antrag wird auch mit deutlicher Mehrheit angenommen. Es wird im
       kommenden Jahr also einen solchen Parteitag geben – und der dürfte spannend
       werden.
       
       Höcke hat auch gesagt, wo er stattfinden soll: in Sachsen. Dort will die
       AfD im kommenden Jahr stärkste Kraft werden. Und, wie Höcke es nennt, den
       „ersten blauen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik“ stellen.
       
       Anders als Meuthen scheint sein Co-Parteichef Alexander Gauland mit seiner
       Eröffnungsrede der Partei aus dem Herzen gesprochen zu haben, gleich zu
       Beginn ist der Applaus groß. Er fühle sich derzeit „immer wieder an die
       letzten Monate der DDR erinnert“, sagt Gauland. Und: „Die AfD ist das
       aktuelle Neue Forum“. Er vergleicht Angela Merkel nicht nur explizit mit
       Erich Honecker, sondern auch implizit mit Adolf Hitler. Er zählt Putin und
       Trump auf, bezeichnet die Beziehungen zu Polen, Ungarn, Italien und
       Österreich als miserabel und sagt dann: „Der letzte deutsche
       Regierungschef, der eine solche Feindkonstellation gegen sich aufgebracht
       hat… – nein, lassen wir das lieber.“ Der Zusatz geht im Applaus unter,
       steht aber so im Redemanuskript.
       
       Am Samstag wählen die gut 500 Delegierten Richter für das
       Bundesschiedsgericht, außerdem steht unter anderem die Anerkennung einer
       parteinahen Stiftung, die in der Partei stark umstritten ist, auf der
       Tagesordnung.
       
       30 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
       
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