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       # taz.de -- Die Wahrheit: Soja-Burger ist Punk
       
       > Neues aus Neuseeland: In Aotearoa tobt zur Zeit ein erbitterter Kampf um
       > vegetarische Doppel-Hamburger, Rücksicht auf Verluste wird nicht
       > genommen.
       
   IMG Bild: So könnte das Essen bei WeWork aussehen (Archivbild 2017)
       
       Wer glaubt, Kühe seien nur in Indien heilig, der irrt. Aotearoa ist das
       Land, wo Milch und Honig fließen, wo Lämmer auf endlosen Weiden blöken und
       Viehbauern nach der Tourismusbranche zur stärksten Lobby zählen. Dass die
       Millionen von Kühen auf all den Farmen unsere Gewässer mit ihrer Gülle
       versauen und die Gewässer nach und nach umkippen, ist eines der dunklen
       Geheimnisse von „Godzone“.
       
       Ein weiteres Geheimnis muss ich hier lüften: Es ist „The Impossible Burger“
       – der unmögliche Burger. Seit letzter Woche verhöhnt dieses Fresswerk alle
       traditionellen Werte unserer Schafkot-und-Boden-Kultur. Schlimmer noch, es
       wird von einer anderen heiligen Kiwi-Institution nicht nur auf den Sockel
       gehoben, sondern durch die Luft geflogen – von Air New Zealand. Jetzt droht
       uns ein Burgergate.
       
       Unsere staatliche Fluglinie bietet auf ihren Business-Flügen von Los
       Angeles nach Auckland ab sofort einen vegetarischen Doppel-Hamburger an,
       der nicht nur appetitlich aussieht, sondern angeblich auch Karnivoren
       schmeckt. Ein auf Soja basierendes Molekül, das im Labor in Silicon Valley
       entwickelt wurde und das den Geschmack von Hackfleisch verblüffend echt
       vortäuscht.
       
       Die schlauen Werber haben keine Kosten und Mühen gescheut, um uns in einem
       schicken Video davon zu überzeugen, was für einen innovativen Wonneproppen
       aus der Versuchsküche sich die Fluggäste da einverleiben. Chemie hin,
       Gourmet her: Da der Verzehr von rotem Fleisch darm- und klimaschädlich ist,
       ist das Fake-Fleisch in der Tat ein Fortschritt.
       
       Doch Winston Peters, unser derzeit amtierender stellvertretender
       Premierminister, hat keinen Sinn für solch neumodische Mätzchen. Er
       reagierte angesichts des Jungfernflugs des Soja-Burgers so verstört, als ob
       die Rugby-Mannschaft All Blacks vor einem Match statt des
       testosteronhaltigen Hakas in Zukunft lieber einen genderneutralen
       Balletttanz aufführt, um mit der Zeit zu gehen.
       
       „Air New Zealand wurde von neuseeländischen Steuerzahlern finanziert“,
       wetterte Peters und machte damit gleich die ersten Schlagzeilen, seit
       Politik-Star Jacinda Ardern in die Babypause verschwunden ist. „Viele davon
       sind Bauern. Sie wollen an die Spitze im Export kommen. Unsere Fluglinie
       sollte ihr erster Vermarkter sein.“ Die Nationalpartei – ein Hort der
       Farmer – tweetete hinterher: Es sei „enttäuschend“, statt Lamm und Rind
       einen genmanipulierten Ersatz ins Bordmenü aufzunehmen.
       
       Was die rinderlieben Politiker verdrängen: Trotz – oder wegen – ihres Hangs
       zum Nutztier sind bereits zehn Prozent der Neuseeländer Vegetarier. Die
       Zahl steigt. Frauen sind hier in der Mehrzahl, doch die Rate der männlichen
       Fleischverachter wächst rasanter. Einer der Hauptgründe ist jedoch nicht
       die Gesundheit, sondern schlicht die Tatsache, dass Spitzenfleisch für
       viele Kiwis immer unerschwinglicher wird. Das ist das letzte dunkle
       Geheimnis Down Under: wachsende Armut.
       
       12 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anke Richter
       
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