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       # taz.de -- Kroatischer Innenverteidiger Vida: Aus Hass wird Liebe
       
       > Der Kroate Domagoj Vida hat gegen England das Spiel seines Lebens
       > gemacht. Er ärgert Fans und fasziniert sie. Und schreibt so
       > WM-Geschichte.
       
   IMG Bild: Es muss nicht immer Wasser sein: Domagoj Vida
       
       Moskau taz | Den Schlüssel zum [1][Sieg der Kroaten über England] hat
       Trainer Zlatko Dalić in der Pause gefunden. Da hat er seinen Matchplan
       geändert und entschieden, dass seine Mittelfeldstrategen Ivan Rakitić und
       Luka Modrić nicht mehr so weit vorne in des Gegners Hälfte agieren sollen.
       Nach dem Wiederanpfiff hatten die beiden das Spiel, so wie sie es
       eigentlich gewöhnt sind, wieder vor sich. Sie zogen es an sich und machten
       aus dem 0:1 ein 1:1 und in der Verlängerung ein 2:1.
       
       Es waren [2][wieder Modrić und Rakitić], die das Spiel der Kroaten geprägt
       haben. Aber da haben noch neun andere mitgespielt, die Torschützen Ivan
       Perišić und Mario Mandžukić und dieser Blondschopf in der
       Innenverteidigung, Domagoj Vida. Der 29-Jährige hat vielleicht das Spiel
       seines Lebens gemacht.
       
       Zuzutrauen war ihm das nicht unbedingt. Er hat gewiss nicht die große
       Klubkarriere hinter sich. In der Bundesliga konnte er sich nicht
       durchsetzen. An seinen einzigen Auftritt bei Bayer Leverkusen im März 2011
       wird sich niemand mehr erinnern.
       
       Über Dinamo Zagreb landete er in Kiew, wo er als Held gefeiert wird, seit
       ein Tor von ihm 2016 die Meisterschaft für Dynamo entschieden hat. Seit
       Januar spielt er bei Beşiktaş Istanbul. Eine ordentliche Karriere – mehr
       aber auch nicht. Dass so einer zu einem Hingucker dieser WM werden würde,
       hatte wohl niemand erwartet.
       
       Wie er sich seine Leistung erklärt? „Kroaten haben einen sehr großen
       Siegeswillen, ein großes Herz. Wir sind zwar nicht viele, aber wir haben
       große Eier.“ Nun ja. Wie gut er war, zeigt ein Blick auf seine Statistik.
       Mit 98 Prozent Passgenauigkeit war er besser als Luka Modrić. Vier
       Balleroberungen hatte außer ihm auch keiner der Kroaten. Und ohne
       Ballverlust blieben neben ihm nur [3][Torwart Danijel Subašić] und Dejan
       Lovren.
       
       ## Auch mal ein Bier zu viel
       
       Es war ein Riesenspiel, das Vida gezeigt hat. Seine zwei schnellsten
       Sprints gehen gar nicht in die Statistik ein. Nach dem 2:1 durch Mandžukić
       war er nicht zu halten auf dem Weg zum Torschützen. Nach dem Schlusspfiff
       rannte keiner so schnell zur kroatischen Kurve wie Vida. Im Spiel war es
       eher sein Stellungsspiel, das die englischen Stürmer Harry Kane und Raheem
       Sterling bisweilen so alt hat aussehen lassen. Das war so beeindruckend,
       dass man sich vorstellen kann, dass er Frankreichs Phänomen Kylian Mbappé
       im Endspiel gewachsen sein könnte.
       
       Ob ihn die Pfiffe der russischen Zuschauer im Moskauer Luschniki-Stadion
       motiviert haben, wollte er nicht sagen. Die zeigten ihre Wut auf den
       Kroaten, der nach dem Sieg über Russland im Viertelfinale bei jedem
       Ballkontakt die Losung „Ruhm der Ukraine!“ in zwei Smartphonekameras
       gerufen hatte. Er hat den Krieg um die Ostukraine in das Fifa-Spiel
       gebracht und weil der Slogan in Russland als faschistischer Exzess
       angesehen wird, war er am Mittwochabend für das Publikum Persona non grata.
       
       Einen Tag später ist er es schon nicht mehr. Nach dem Spiel hat er sich auf
       Russisch für seine Äußerung entschuldigt. Das brachte ihm Respekt ein,
       mindestens genauso wie seine Leistung auf dem Platz. Und statt auf ihn zu
       schimpfen, kramten etwa die Berichterstatter des Sportportals sports.ru in
       den Archiven und förderten Geschichten über Vida zutage, in denen es nur so
       menschelte.
       
       Dass er gerne mal ein Bier zu viel und zum falschen Zeitpunkt trinkt, wird
       ihm da hoch angerechnet. Auf der Reise zu einem Pokalspiel in die Provinz
       habe er, im Mannschaftsbus sitzend, eine Pulle Bier aufgemacht. Der Trainer
       habe ihn auf offener Strecke aus dem Bus geworfen. So einen kann man doch
       nicht nicht mögen. Die Bilder von der Party auf dem Rasen nach dem Spiel,
       als er mit den Kindern der kroatischen Spieler über die Wiese tollte, taten
       ein Übriges. Aus Hass ist Liebe geworden. Auch so eine WM-Geschichte.
       
       12 Jul 2018
       
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