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       # taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Der Otto-Katalog
       
       > Er war Bilderbuch verborgener Wünsche. Gemeinsam mit dem Otto-Katalog
       > geht jetzt ein ganzes Genre – was bleibt ist das Internet.
       
   IMG Bild: Die Kataloge brachten die Warenwelten ins abgelegenste Tal
       
       Das ist weder eine traurige noch eine froh stimmende Nachricht: Wie jetzt
       bekannt wurde, erscheint am 4. Dezember die letzte Auflage des
       [1][Otto-Katalogs]. Dieser ist das letzte Exemplar einer friedensstiftenden
       Literaturgattung – der der Warenhausgesamtangebotsbilderbücher.
       Friedensstiftend waren sie, weil diese Konsumparadiese in Verheißungsform
       erstmals nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg publiziert wurden und
       damit die neue, die endlich antiheroische Zeit versinnbildlichten.
       
       Damals war die Welt noch analog: Schöne Dinge, ob nun Unterhosen,
       Pelzmäntel, Regenschirme, TV- und Rundfunkgeräte, wurden in dieser Waren-
       und Unterschiedlichkeitsfülle nur für wohlhabende Leute ausgebreitet, und
       bevorzugt in Metropolen, in Kaufhäusern. Die Kataloge indes brachten die
       Warenwelten, die später in der Soziologie viel zu empfindungslos als Kern
       des „Konsumismus“ bezeichnet wurden, aufs Land, ins letzte Dorf und ins
       abgelegenste Tal.
       
       Diese Bilderbücher machten hungrig, weil sie ein Kaleidoskop verborgenster
       Wünsche offenlegten. Millionen waren somit nicht mehr abgehängt,
       konsumentiell nicht mehr prekär. Man kann das heute nur noch verstehen wie
       ein Konsum-Funkloch: Man wollte so gern teilhaben, gegen alle
       linkskonservativen Warnungen vor Konsumterror, wurde aber durch schlechte
       Infrastruktur mattgesetzt.
       
       Der [2][Otto-Katalog], der letzte, wird nicht das allerletzte Kompendium
       sein, nur das für die fast ganze Warenwelt. Andere Zeitschriften gibt es ja
       noch, von Ikea, Grüne Erde, Manufactum, Hess und anderen, aber sie
       publizieren keine Coffee-Table-Books für alle, sondern eher für das
       mittlere Bürgertum, vor allem das mit ökologischem Konsumbewusstsein.
       
       Und was wird bleiben? Das Internet. Der Otto-Konzern, ohnehin sehr früh
       online präsent, preist sich dort weiter. Ob das aber allen flüssig offen
       steht, bis in die letzten Winkel? Sehr fraglich. Die herrschende Politik in
       Deutschland zeigt sich diesem Problem beziehungsweise seiner Lösung
       gegenüber eher desinteressiert – [3][oh ja, es gibt sie, die digital
       abgehängten Landschaften].
       
       Wenn dies einst nicht mehr so sein sollte, dann erst endet die Trauer um
       die Bildbände, die nichts als die ganze Warenwelt verhießen.
       
       15 Jul 2018
       
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   DIR [3] /Kommentar-Mobilfunkausbau/!5517415/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
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