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       # taz.de -- Gipfel mit Putin und Trump: Treffen sich zwei Alphamännchen
       
       > Vor dem Treffen in Helsinki inszeniert sich Moskau als überlegen.
       > Tatsächlich unterscheiden sich die Interessen von Putin und Trump.
       
   IMG Bild: Wladimir Putin und Donald Trump halten sich beide ungern an verbindliche Regeln
       
       [1][Das Treffen] zwischen dem US-amerikanischen und dem russischen
       Präsidenten beginnt zwar erst am Montag. Doch für russische Medien steht
       der Sieger schon lange fest. Es ist Kremlchef Wladimir Putin. Seit Wochen
       beschäftigen sich die staatlichen Medien mit dem bevorstehenden Gipfel in
       Helsinki. Die Initiative zu diesem Spitzengespräch geht von der
       amerikanischen Seite aus, betont Moskaus Propagandamaschine unaufhörlich.
       Soll heißen: Trump will was von Putin – nicht umgekehrt.
       
       Präsident Wladimir Putin, das sollen alle Zweifler im Land verstehen,
       mischt wieder ganz oben mit. Die internationale Isolation Russlands nach
       dem Krieg in der Ukraine und der widerrechtlichen Annexion der Krim ist
       überwunden, so die Botschaft aus Moskau.
       
       Unterdessen hält sich der WM-Gastgeber selbst zurück – ganz so, als sei das
       Treffen mit Donald Trump nur eine Begegnung unter vielen. Tatsächlich
       dürfte Putin die Zusammenkunft als Bestätigung werten, mit den USA wieder
       auf Augenhöhe verkehren zu können. Für das heimische Publikum ist das
       wichtig, internationale Anerkennung ist Ersatz und Kompensation für andere
       Mühen. Damit wäre ein erstes Ziel des Gipfels für den Kremlchef schon
       erreicht.
       
       Was Putin und Trump aneinander bindet, ist auch nach zwei Jahren intensiver
       medialer Beobachtung und skandalumwitterter Enthüllungen noch nicht
       geklärt. Für Russland gilt indes: Der Umgang mit US-Republikanern ist
       einfacher als der mit Vertretern der Demokratischen Partei, die
       Menschenrechte und politische Forderungen einklagen. Präsident Putin hat
       sich zu Donald Trump kaum im Detail geäußert. Er schätze ihn als
       Unternehmer, ließ er wissen. Während Trump laut darüber nachdenkt, ob Putin
       „eines Tages vielleicht ein Freund“ sein könnte, vermeidet der Kremlchef
       solche emotionalen Aussagen. Er will sich alle Möglichkeiten offenhalten.
       
       Natürlich haben beide etwas gemein: Sie halten sich ungern an verbindliche
       Regeln und bevorzugen individuelle Lösungswege. Sie zeigen autokratische
       Züge und neigen dazu, populistische Maßnahmen als Allheilmittel zu
       verkaufen. Fehler geben beide nicht zu. Was die Staatschefs voneinander
       unterscheidet: Putin kommt damit in Russland durch, der US-Präsident ist
       dagegen noch an demokratische Institutionen gebunden.
       
       Trump ist reich, aber ungehobelt. Er passt nicht in das Bild der
       US-amerikanischen Oberschicht. Auch Wladimir Putin hat im Umgang mit den
       Spitzen der westlichen Gesellschaft Schwierigkeiten: Nach dem [2][Rauswurf
       aus der G8] verschärfte sich der alte russische Minderwertigkeitskomplex
       gegenüber dem Westen. Durch Gold und Glanz versucht Moskaus Geldadel, diese
       Defizite auszugleichen.
       
       Allen persönlichen wie politischen Gemeinsamkeiten zum Trotz vertreten die
       beiden Staatsschefs in so gut wie allen Themen, die beim aktuellen
       Gipfeltreffen auf dem Programm stehen, in der Konsequenz unterschiedliche
       Interessen. So sähe Putin es am liebsten, wenn er Washington für einen
       neuen Rüstungskontrolldurchgang gewinnen könnte. Auf dieser Ebene wären
       beide Seiten ganz gleichberechtigt. Die Klärung von Einzelheiten würde
       Experten überlassen. Trump könnte das wiederum als Fortschritt verbuchen
       und Putin dazu überreden, sich aus den US-Wahlen im Herbst herauszuhalten.
       Das wäre für beide ein Gewinn.
       
       Allerdings: Eine Aufhebung der [3][westlichen Sanktionen] wird Präsident
       Putin nicht fordern – zu gering wäre die Aussicht auf Erfolg. Darüber
       hinaus nützen die Sanktionen dem Kremlchef zu Hause, um seine Wählerschaft
       zu mobilisieren. Denn nach wie vor lässt sich patriotische Unterstützung in
       Russland am besten durch eine Krise mit dem Westen erreichen. Auf diesen
       Hebel wird das Regime Putin nicht verzichten.
       
       Auch in der Ukraine-Frage wird der Kremlchef nicht nachgeben. Dass Trump
       die Annexion der Krim absegnet, ist ebenfalls nicht zu erwarten – auch wenn
       er im Vorfeld auch schon mal Verständnis dafür äußerte, was bei diesem
       Präsidenten aber nicht viel heißt.
       
       In ihrer Syrienpolitik vertreten beide ebenfalls unterschiedliche
       Interessen: Die USA wollen Moskau dazu bewegen, Irans Rückzug in Syrien
       voranzutreiben. Putin dürfte dieses Ansinnen Unbehagen bereiten: Er würde
       sich dadurch mit Teheran überwerfen – und sich noch tiefer in den
       Syrienkonflikt verstricken.
       
       Russische Beobachter sind daher skeptisch, was den [4][Erfolg dieses
       Gipfels] angeht. Ein Durchbruch in den bilateralen Beziehungen wird nicht
       erwartet, wohl aber eine langsame atmosphärische Veränderung.
       
       Helsinki wird die russisch-amerikanischen Beziehungen nicht neu definieren.
       Doch es könnte einen Dialog darüber einleiten, wie sich die komplizierten
       Verhältnisse zwischen beiden Ländern in Angriff nehmen lassen.
       
       15 Jul 2018
       
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