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       # taz.de -- Elektroschocker für Streifenpolizisten?: Die Polizei will schocken
       
       > Hamburgs Polizei bringt die Ausrüstung von Beamten des Streifendienstes
       > mit Elektroschockgeräten erneut ins Gespräch. Die Innenbehörde will noch
       > keine Entscheidung.
       
   IMG Bild: Laut Hamburger Polizei ein „deeskalierendes Einsatzmittel“: Der Taser
       
       HAMBURG taz | Werden Hamburgs Streifenpolizisten bald routinemäßig mit
       Elektroschockern ausgerüstet? Über eine solche Maßnahme werde derzeit
       nachgedacht, sagte am Montag die Polizeisprecherin Heike Uhde. Bislang sind
       nur die Mitglieder polizeilicher Spezialeinheiten in Hamburg mit den
       „Distanz-Elektro-Impuls-Geräten“ ausgestattet. Nun werde die Ausweitung
       erörtert. Seitdem die Taser 2005 eingeführt wurden, habe die Polizei
       „positive Erfahrungen damit gemacht“, heißt es aus dem Präsidium.
       
       Hamburg wäre damit das vierte von 16 Bundesländern, in dem die Polizisten
       standardmäßig Taser tragen. Nur in Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen sind
       die Geräte, deren Stromschlag das Ziel kurzzeitig durch eine Muskelblockade
       bewegungs- und handlungsunfähig macht, flächendeckend im Einsatz .Die
       Bremer Polizei erprobt derzeit den Einsatz.
       
       Das Argument der Befürworter: Verletzungen durch einen Taser-Einsatz fallen
       in aller Regel geringer aus, als Verletzungen durch Schusswaffen.
       Hautrötungen und geringfügige Blutungen sind meist die Folge. Doch
       ungefährlich sind die Elektroschocker nicht. In den USA, wo die Polizei und
       auch das Gefängnispersonal mit Tasern ausgestattet sind, gab es nach einem
       Bericht der Nachrichtenagentur Reuters seit 2000 mehr als 1.000 Tote durch
       Tasereinsätze.
       
       Besonders gefährdet sind Personen mit einem Herzleiden oder gar einem
       Herzschrittmacher sowie Schwangere. Hier kann der Taser-Einsatz besonders
       schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. In einer Studie stellte der
       Wissenschaftliche Dienst des Bundestages fest, dass ein Treffer ins Auge zu
       einer Erblindung führen kann.
       
       Trotzdem lobt die Polizei den Taser als „deeskalierendes Einsatzmittel“.
       Polizeipräsident Ralf Meyer lobt, dass ein Taser selbst im Vergleich zu
       einem Schlagstock „das deutlich mildere Einsatzmittel“ sei, eine
       Auffassung, die der innenpolitische Sprecher der FDP, Carl-Edgar Jarchow,
       teilt. „Ob dem so ist, prüfen wir derzeit“, sagt Innenbehörden-Sprecher
       Frank Reschreiter.
       
       Für den Hamburger Kriminologen Rafael Behr sind Taser dagegen „kein
       deeskalierendes Einsatzmittel“. Überall, wo das Gerät von der Polizei
       eingesetzt werde, habe sich gezeigt, dass die Hemmschwelle sinke, mit
       Waffengewalt auf sein Gegenüber zu reagieren, „wenn ein Einsatzmittel
       zwischen Pfefferspray und Schusswaffe zur Verfügung steht“. Schon heute
       setze die Polizei Schusswaffen am meisten gegen psychisch Kranke oder
       gestörte Personen ein, nicht aber gegen Verbrecher.
       
       Polizisten würden aber noch seltener versuchen, einen Konflikt durch Reden
       zu deeskalieren, oder einfach dadurch, auf Distanz zu einer Person zu
       gehen, wenn eine Waffe einsatzbereit ist, „deren Wirkung als nicht
       todbringend eingeschätzt wird“. Wo ein Taser zur Verfügung stehe, gehe
       deshalb „polizeiliche Professionalität weiter verloren“ – die Pflicht zu
       deeskalieren, sei nicht mehr so zentral.
       
       Für Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der
       Bürgerschaftsfraktion der Linken, ist der flächendeckende Einsatz „eine
       echte Aufrüstung der Polizei, für die ich aktuell keinen Anlass sehe“.
       
       ## Im Hamburger Polizeigesetz bereits verankert
       
       Gefragt werden würde Schneider ohnehin nicht: Die Verwendung des Tasers ist
       im Hamburger Polizeigesetz bereits verankert. Die Bürgerschaft würde bei
       einer Bewaffnung auch von Streifenpolizisten mit dem Schock-Spender gar
       nicht gefragt werden.
       
       Einen Anlass, aktuell auf das Thema einzugehen, sieht Reschreiter nicht.
       Schon seit längerem prüften Innenbehörde und Polizei, ob eine Ausweitung
       des Taser-Einsatzes sinnvoll sei, da „die Spezialeinheiten damit gute
       Erfahrung gemacht haben“. Die Erkenntnisse anderer Bundesländer werte man
       aus, es gebe aber „überhaupt keinen neuen Sachstand“.
       
       Auch stehe eine Entscheidung derzeit nicht an. „Den Taser schießen wir
       nicht aus der Hüfte“, versichert Reschreiter.
       
       18 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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