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       # taz.de -- Sexuelle Übergriffe im US-Sport: Wasserspringerinnen-Trainer verklagt
       
       > Ehemalige Athletinnen erheben Anklage gegen den US-Verband der
       > Wasserspringer. Funktionäre sollen sexuellen Missbrauch vertuscht haben.
       
   IMG Bild: Kurz vor dem Absprung
       
       Berlin taz | Der US-Verband der Wasserspringer hat ein Problem. Er wird
       wegen Verschleierung und Behinderung bei der Aufklärung von Vorwürfen
       sexuellen Missbrauchs gegen einen Verbandstrainer der Universität von Ohio
       angeklagt. Im Mittelpunkt der Anschuldigungen steht der frühere Coach Will
       Bohonyi. Die Kläger vermuten ähnliche Strukturen wie im US-Turnverband, der
       jahrelang sexuelle Übergriffe bei Sportlerinnen vertuscht hatte. Die Namen
       der klagenden mutmaßlichen Opfer sind bislang nicht bekannt.
       
       In der Klageschrift zweier betroffener Athletinnen heißt es, Bohonyi habe
       die Teenager im Sommer 2014 regelmäßig zum Sex gezwungen. Der US-Verband
       sei darüber informiert gewesen, habe aber erst nach über einem halben Jahr
       und weiteren Beschwerden Maßnahmen gegen Bohonyi ergriffen, die der Schwere
       der Vorwürfe zudem nicht gerecht geworden seien. Bohonyi war im Februar
       2015 suspendiert worden und steht seitdem auf einer Liste von Coaches, die
       nicht mehr fürs US-Team arbeiten dürfen.
       
       Laut Anklage habe Bohonyi seine Macht im Verband ausgenutzt, um „die
       Jugendlichen psychologisch unter Druck zu setzen und von ihnen sexuelle
       Dienstleistungen einzufordern, um sie fürs US-Team der Wasserspringerinnen
       zu nominieren und damit den Traum der Sportlerinnen von Olympia am Leben zu
       halten“. Der US-Verband kündigte an, die Vorfälle „sehr ernst“ zu nehmen,
       diese derzeit aber „nicht kommentieren“ zu können.
       
       Der US-Sport war zuletzt von einem Missbrauchsskandal im Lager der
       Kunstturnerinnen erschüttert worden. Im Zuge der Anklage wurde Larry
       Nassar, langjähriger Arzt der US-Nationalmannschaft, nach Beschwerden von
       über 300 Mädchen und Frauen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt
       worden. Der Verband hatte Nassar zuvor im Wissen einiger Missbrauchsfälle
       gedeckt, die Führungsriege trat nach Bekanntwerden der Fälle von ihren
       Ämtern zurück.
       
       ## Uni hat vier Jahre nichts unternommen
       
       Bohonyi war im Jahr 2012 als Trainer der Wasserspringerinnen eingestellt
       worden und hat offensichtlich ein Abhängigkeitsverhältnis zu seinen
       Sportlerinnen geschaffen, ein Klima, in dem er sexuelle Dienste erpresste.
       Die Klägerinnen werfen ihrem ehemaligen Coach vor, dass er „ihre
       Verletzlichkeit und das Ungleichgewicht der Macht nutzte, um sie glauben zu
       lassen, dass sie ihn sexuell zu bedienen hätten“.
       
       Bohonyi soll zu seinen Schützlingen gesagt haben: „Ihr schuldet mir das.“
       Eine Athletin soll ihm überdies Dutzende Nacktfotos von sich geschickt
       haben. Die Universität von Ohio soll vier Jahre im Besitz dieser Bilder
       gewesen sein und „nichts unternommen“ haben, so der Vorwurf.
       
       Rechtsanwalt John Little, der die Klage einreichte, sagte in einem
       Zeitungsinterview, dass sich auch andere Wasserspringerinnen gemeldet
       hätten. Er wird mit den Worten zitiert: „Das ist erst der Anfang für den
       Verband.“ Die Situation sei „schlimmer als im Turnen, schlimmer als im
       Schwimmen.“ Der Missbrauch flog im Jahr 2014 auf, als eine Teamkollegin des
       mutmaßlichen Opfers während eines Trainingslagers in Tennessee zum
       Chefcoach der Wasserspringer ging und ihm von den Vorfällen berichtete. Die
       betroffene Athletin, damals gerade 17 Jahre alt, sei nach Hause geschickt
       worden, nicht jedoch Bohonyi.
       
       „Die Ohio State University hat kein Interesse daran, ihre Marke zu
       verletzen“, sagt Anwalt Little. „Dies ist Teil eines massiven Problems.“
       Die Universität, immerhin viertgrößter Campus in den USA, steht nicht zum
       ersten Mal im Fokus: Mehrere ehemalige Ringer haben berichtet, wie ein
       Teamarzt, der 2005 Selbstmord beging, sie während medizinischer
       Behandlungen missbrauchte. Diese Fälle reichen zurück bis in die 70er
       Jahre.
       
       18 Jul 2018
       
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