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       # taz.de -- Nachruf auf Erardo Rautenberg: Fritz Bauer als Kompass
       
       > Engagierter Kämpfer gegen rechts: Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo
       > Cristoforo Rautenberg ist tot. Nazijäger wurde er genannt.
       
   IMG Bild: Erardo Rautenberg im April 2017
       
       Er war eine imposante Erscheinung. 1,90 Meter groß, Schnauzbart, graue
       Haare. Für einen in seiner Position waren die ungewöhnlich lang. Er trug
       immer eine Fliege. Und dann der Name: Erardo Cristoforo Rautenberg. Was den
       langjährigen Generalstaatsanwalt von Brandenburg unvergessen macht, hat
       aber einen anderen Grund: Kein Gesicht eines Strafverfolgers im
       Bundesgebiet verbindet man so mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus wie
       seins. Nazijäger wurde er genannt. Als solcher erhielt er auch
       Morddrohungen.
       
       In der Nacht zum Dienstag ist Rautenberg im Alter von 65 Jahren einem
       Krebsleiden erlegen. Von 1996 bis März 2018 war er Brandenburgs
       Chefankläger. Seine Laufbahn wollte er mit einem Bundestagsmandat krönen.
       2017 hatte er deshalb für die SPD in Brandenburg/Havel – dem früheren
       Wahlkreis des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier – als
       Direktkandidat kandidiert. Im Juni 2017 kam die Krebsdiagnose, Operation
       und Chemotherapie folgten. Wahlkampf war da nicht mehr möglich.
       
       Erardo Cristoforo Rautenberg wurde 1953 in Argentinien geboren. Kurz vor
       seinem zweiten Geburtstag siedelten seine deutschstämmigen Eltern, die
       Farmer waren, nach Deutschland um. In Celle, Göttingen und Hannover
       studierte er Jura. Danach arbeitete er in Lübeck als Staatsanwalt, später
       war er in Karlsruhe bei der Generalbundesanwaltschaft tätig. Seine
       Karriere in Brandenburg begann 1992. Erst war er in Potsdam Chef der
       Abteilung für DDR-Unrecht, ab 1993 leitete er die Staatsanwaltschaft in
       Neuruppin.
       
       Zum Vermächtnis von Rautenberg gehört, dass er sich intensiv mit dem Leben
       und Wirken von Fritz Bauer auseinandergesetzt hat. Der hessische
       Generalstaatsanwalt hatte dem israelischen Geheimdienst Mossad 1960 den
       entscheidenden Hinweis auf den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann in
       Argentinien gegeben. Bauer hatte auch dafür gesorgt, dass von 1963 bis 1965
       vor dem Landgericht Frankfurt der sogenannte Auschwitz-Prozess gegen 22
       Angehörige und Führer der SS-Wachmannschaft des Konzentrations- und
       Vernichtungslagers stattfand.
       
       „Fritz Bauer war Rautenbergs innerer Kompass“, sagt Anetta Kahane,
       Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, zur taz. „An ihm hat er sich im
       Kampf gegen Rechtsextremismus orientiert.“ Amadeu Antonio war eines der
       ersten Todesopfer rassistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung.
       „Rautenberg hat schon in den frühen 90er Jahren kapiert, was für Folgen der
       vorhandene Rechtsextremismus hat“, sagt Kahane. „Das waren damals nur eine
       Handvoll Leute.“ Von Anfeindungen habe sich Rautenberg nicht beirren
       lassen, weiß Kahane. Verglichen mit dem, was Fritz Bauer durchgemacht habe,
       seien das, was er erlebe, nur Lappalien, habe Rautenberg immer gesagt.
       
       Wenige Tage vor seinem Tod erfuhr Rautenberg, dass Bundesfinanzminister
       Olaf Scholz (SPD) 2019 eine Fritz-Bauer-Briefmarke herausgeben wird. Scholz
       schrieb ihm das persönlich. Rautenberg sei gerührt gewesen, heißt es.
       
       18 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
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