# taz.de -- Regierung weitet Asyl-Liste aus: Mehr „sichere Herkunftsstaaten“
> Geflüchtete aus einigen Ländern sollen leichter abgeschoben werden
> können. Einen entsprechenden Entwurf verabschiedete das Kabinett.
IMG Bild: Bald „sicherer Herkunftsstaat“: Polizisten bei Protestkundgebung in Tunesien
BERLIN taz | Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien sollen sichere
Herkunftsstaaten werden. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen
entsprechenden Gesetzentwurf. Dadurch sollen Asylverfahren beschleunigt und
Geflüchtete aus diesen Ländern leichter und schneller abgeschoben werden.
Georgien steht neu auf der Liste, die zudem sechs Balkan-Länder sowie Ghana
und Senegal aufzählt. Seit 2017 können Menschen aus der früheren
Sowjetrepublik ohne Visum in die EU einreisen. Einige sollen dies nutzen,
um hierzulande Asyl zu beantragen. Das soll jetzt unterbunden werden.
Asylsuchende indes, die derzeit einen Job haben oder gerade eine Ausbildung
machen, sollen bleiben dürfen. „Mit der Migration müssen wir human,
kontrolliert und geordnet umgehen“, sagte Innenminister Horst Seehofer
(CSU) am Mittwoch. Laut Innenministerium lag die Anerkennungsquote für
Menschen aus Georgien im vergangenen Jahr bei gerade mal 0,6 Prozent. In
den Maghreb-Ländern habe sie zwischen 2,7 und 4,1 Prozent betragen.
Die Bundesregierung hat bereits 2017 versucht, die Maghreb-Staaten als
sicher zu erklären. Das scheiterte unter anderen an den Grünen, die im
Bundesrat ihr Veto eingelegt hatten. Sie verwiesen auf die
Menschenrechtslage im Maghreb: Dort würden Menschen politisch verfolgt,
auch Frauen und Homosexuelle hätten kein sicheres Leben.
Auch dieses Mal ist die Große Koalition in der Länderkammer auf die Stimmen
der Grünen angewiesen. Wie sicher oder unsicher ist es, dass die Grünen
diesmal dem Entwurf zustimmen? „Es macht keinen Sinn, jetzt über ein
Ergebnis im Bundesrat zu spekulieren, ohne die Haltung der Länder zu
kennen“, sagte Seehofer am Mittwoch.
## Position von AI und Pro Asyl
Grünen-Chef Robert Habeck lehnt den erneuten Vorstoß der Bundesregierung
ab. „Noch immer gilt, dass in den Maghreb-Staaten Journalisten,
Minderheiten und Homosexuelle nicht sicher sind vor Verfolgung und Haft“,
sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es gibt Berichte über Folter
und unfaire Gerichtsverfahren. Daher sehe ich nicht, dass diese Staaten
sicher sind.“
Auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Pro Asyl
weisen das Vorhaben zurück. Es müsse gewährleistet sein, dass im
Herkunftsland keine Folter oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung
oder Bestrafung drohe, argumentiert Pro Asyl. Das sei in den
Maghreb-Staaten nicht der Fall.
Möglicherweise könnte die Regelung Auswirkungen auf Fälle wie den wohl zu
Unrecht nach Tunesien abgeschobenen Sami A. haben. Derzeit gebe es „keine
Bemühungen, Sami A. nach Deutschland zurückzuholen“, sagte Seehofer am
Mittwoch. Unterdessen legte die Stadt Bochum Beschwerde gegen die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ein, das die Abschiebung
des als Gefährder eingestuften Mannes als „grob gesetzwidrig“ bezeichnete
und eine Rückführung forderte.
18 Jul 2018
## AUTOREN
DIR Simone Schmollack
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