URI: 
       # taz.de -- Förderung neuer Technologie: Bund will künstlich intelligent werden
       
       > Die Bundesregierung will digitale Technologien fördern, Wissenschaft und
       > Mittelstand sollen übernehmen. Datenschützer sind skeptisch.
       
   IMG Bild: Noch sieht künstliche Intelligenz auch künstlich aus: Roboter Sophia bei einer IT-Konferenz
       
       BERLIN taz | Wenn es um künstliche Intelligenz geht, geizt die
       Bundesregierung nicht mit Superlativen. Mit der Technologie will
       Deutschland an die Weltspitze, zum wichtigsten Standort überhaupt werden.
       Wie das funktionieren kann, stellte die Bundesregierung an diesem Mittwoch
       mit einem Eckpunktepapier vor. Auf zwölf Seiten haben die Ministerien
       Wirtschaft, Forschung und Arbeit ihre wichtigsten Aspekte für eine
       Strategie Künstliche Intelligenz verfasst. Das Papier ist der Auftakt für
       Beratungen mit Verbänden, Aktivist*innen, Unternehmen und Organisationen,
       die mit künstlicher Intelligenz zu tun haben. Im Herbst soll die finale
       Strategie stehen.
       
       Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) spricht von einer
       „Schlüsselfrage für Deutschland und Europa“. Und Forschungsministerin Anja
       Karliczek (CDU) findet, man müsse im Wettbewerb mit den USA und China
       einen Zahn zulegen. Damit die Wünsche der Ressortchef*innen wahr werden,
       setzen sie in ihrem Strategiepapier auf die Forschung und vor allem den
       Mittelstand. Wissenschaftliche Institute sollen besser zusammenarbeiten, es
       soll Kompetenzzentren geben und mehr KI-Lehrstühle an den Hochschulen.
       Geplant ist zudem ein deutsch-französisches Forschungs- und
       Innovationsnetzwerk, das die Technologie nach Europa bringt. Für diese
       Ideen soll es auch Geld geben. Wie hoch die Summe sein wird, ist derzeit
       noch nicht klar. Wirtschafts- und Industrieverbände jubeln bereits.
       Schließlich fürchten sie, dass sonst lukrative KI-Geschäfte ins Ausland
       abwandern.
       
       Neben Wettbewerb und wirtschaftlichen Aspekten will die Politik aber vor
       allem eines: Ängste aus dem Weg räumen, die beim Thema KI und
       Digitalisierung immer wieder auftauchen. Intelligente Maschinen ersetzen
       den Menschen, etliche Jobs sind in Gefahr, das Ende der Selbstbestimmtheit
       der Bürger*innen naht – diese Bedenken halten sich hartnäckig.
       
       Für Datenschutzexpertin Kerstin Demuth von der Verbraucherorganisation
       Digitalcourage sind die Sorgen durchaus berechtigt. „Große Datensammlungen
       sind immer eine Gefahr“, sagte Demuth der taz. Dass der Staat Informationen
       sammeln und auswerten könne, hätte zwar einerseits große Vorteile. Aber die
       Gefahr sei enorm, dass es keine Kontrolle mehr darüber gebe, wer die Daten
       letztlich einsehen könne und wie sie gegen die Bürger verwendet würden.
       
       ## Grundrechte im Blick
       
       Tatsächlich hat die Bundesregierung vor, die Qualität der Datenströme zu
       verbessern und mehr Informationen zur Verfügung zu stellen. Konkret geht es
       etwa um Daten aus den Kommunen. Mit Informationen über das Verhalten der
       Bürger*innen bei der Energie- oder Wasserversorgung, bei der Mülltrennung
       oder im Straßenverkehr lassen sich neue Geschäftsmodelle entwickeln – zum
       Vorteil der Bürger*innen oder zu ihrem Nachteil.
       
       Auch die bundesweite Erfassung persönlicher Informationen, die bei
       Bürgerämtern abgerufen werden könnten, würde die Verwaltung in Deutschland
       revolutionieren. Gegen Fortschritt hat Datenschützerin Demuth nichts. Und
       sie weiß, dass KI, Big Data und überhaupt die Digitalisierung aus unserem
       Leben nicht mehr wegzudenken sind. Aber Strategien und Förderung der neuen
       Technologien müssten immer die Grundrechte im Blick haben. „Die Maschine
       hat kein Gewissen, sie kann im Zweifelsfall nur rechnen“, sagt Demuth.
       
       Dass die neuen Technologien stärker unter ethischen Gesichtspunkten
       betrachtet werden, wünscht sich auch Peter Dabrock. „Im KI-Zeitalter, in
       dem die Erhebung, der Austausch und die Nutzung von Daten Alltag ist, muss
       der Einzelne in menschlicher Echtzeit eingreifen können – wenn es für ihn
       persönlich relevant wird“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
       der taz. Er plädiert für das Konzept der Datensouveränität. „Wir lieben
       Daten und wollen diese nutzen, aber jeder Einzelne muss die Möglichkeit
       haben, in ihn betreffende Datenströme einzugreifen.“
       
       Er meint damit etwa die Weitergabe von Ortsdaten, wenn digitale
       Straßenkarten genutzt werden oder wenn sich Verbraucher*innen bei
       Nachrichtendiensten einloggen. „Ich möchte, dass der Grundgedanke der
       informationellen Freiheitsgestaltung ernst genommen wird.“
       
       19 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
       ## TAGS
       
   DIR Digitalisierung
   DIR Technologie
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Big Data
   DIR Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
   DIR Apple
   DIR Bundesregierung
   DIR Google
   DIR Roboter
   DIR Google
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nutzung von Forschungsdaten: Big Data für die Forscher
       
       Forscher sollen besseren Zugang zu Datensammlungen erhalten. In einer
       Initiative wollen Bund und Länder die Infrastruktur dafür aufbauen.
       
   DIR Debatte über Künstliche Intelligenz: Fatale Schlagseite
       
       Die Gesellschaft muss sich beim Thema KI stärker einmischen. Vor allem beim
       Gestalten der sich jetzt bildenden Anwendungsstrukturen.
       
   DIR Apple durchbricht 1-Billion-Marke: Teurer als 15 Dax-Firmen
       
       Der Technologiekonzern stellt die deutsche Old Economy in den Schatten.
       Doch die hat längst nicht ausgedient. Grüne hoffen auf einen Weckruf.
       
   DIR Kommentar KI-Strategie der Regierung: Ratlose Intelligenz
       
       Die Bundesregierung will ganz vorne sein bei der Entwicklung der
       Künstlichen Intelligenz. Der Schutz privater Daten kümmert sie wenig.
       
   DIR Künstliche Intelligenz von Google: Waffensysteme bleiben dämlich
       
       Google hat beschlossen, keine künstliche Intelligenz mehr für Waffen zu
       entwickeln. Die Belegschaft hatte sich deswegen zerstriten, 13 Mitarbeiter
       sind gegangen.
       
   DIR Die Wahrheit: Faule Roboter in Raucherecken
       
       KI – jetzt oder nie? Die künstliche Intelligenz wird schon bald sämtliche
       menschlichen Schwächen übernehmen.
       
   DIR Googles Zusammenarbeit mit US-Militär: Project Maven wird nicht verlängert
       
       Ab 2020 wird Google nicht mehr zu künstlicher Intelligenz bei Drohnen mit
       dem Pentagon kooperieren. Angestellte hatten deshalb protestiert und
       gekündigt.