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       # taz.de -- Irreguläre Elfmeter bei der WM: „Nur die Rohrkrepierer abpfeifen“
       
       > Die meisten Elfer bei der WM waren irregulär. Warum das trotzdem niemand
       > ahndet, erklärt der Schiedsrichter-Beobachter Andreas Thielmann.
       
   IMG Bild: Schiedsrichter haben's auch nicht immer leicht
       
       taz: Herr Thiemann, wie hat Ihnen die Leistung der Schiedsrichter bei der
       WM in Russland bislang gefallen? 
       
       Andreas Thiemann: Gut. Bisher waren die Unparteiischen kein großes Thema –
       das kennen wir von vergangenen Turnieren auch anders –, ein gutes Zeichen.
       
       Woran liegt das? 
       
       Es zeigt etwa, wie gut der Videoassistent eingeschlagen hat. Dadurch wurde
       eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen ausgebügelt. Wenn das so
       weitergeht, können wir mit dem Einsatz des Videobeweises mehr als zufrieden
       sein.
       
       Der „Kicker“ schreibt, 16 der 20 Elfmeter am vergangenen Sonntag seien –
       streng genommen – irregulär gewesen, weil die Torhüter ihre Linie oft schon
       um einen Schritt verlassen hatten, bevor der Ball vom Schützen berührt
       wurde. Das dürfen sie nicht. Warum wird das nicht geahndet? 
       
       Für den Schiedsrichter ist oft kaum auflösbar, wann der Torhüter die Linie
       verlässt. Er muss sich auf beide Protagonisten konzentrieren, auf den
       Schützen und den Torwart. So ist schwer erkennbar, wann genau der
       entscheidende Schritt nach vorne passiert.
       
       Aber diese Regel existiert ja nun einmal so, offenbar hatte man sich mal
       etwas dabei gedacht. 
       
       Der Schiedsrichter soll die Regeln immer auch im Geiste des Fußballs
       interpretieren. Niemand im Stadion kann wollen, dass zig Elfmeter
       wiederholt werden. Sobald der Ball im Tor ist, ist diese Regel ohnehin
       obsolet.
       
       Warum das? 
       
       Weil die Wirkung abgewartet werden muss. Die Regel hat keine Bewandtnis,
       wenn der Ball im Tor ist, denn dann hat das Manöver des Torhüters ja zu
       nichts geführt. Es müssten also nur die Elfmeter wiederholt werden, die der
       Torhüter abwehrt. Und überlegen Sie, was dann los wäre! Wenn der
       Schiedsrichter einen Elfmeter wiederholen lässt, den der Torwart pariert
       hat – die Atmosphäre würde nur weiter angeheizt, alle Spieler wären beim
       Schiedsrichter. Und der Leidtragende wäre der Schütze, der noch einmal
       antreten müsste, obwohl er soeben verschossen hat. Auch solche Überlegungen
       muss ein Schiedsrichter anstellen.
       
       Im Spiel [1][England gegen Kolumbien wurde Schiedsrichter Mark Geiger],
       nachdem er auf Strafstoß für England entschieden hatte, von sieben, acht
       Kolumbianern über Minuten massiv bedrängt. Muss er da nicht konsequenter
       agieren? 
       
       Ja, da ist natürlich die Persönlichkeit des Schiedsrichters gefragt.
       Meistens ist der Glaube, dass sich ein Spiel von selbst beruhigt, ein
       schlechter Ratgeber. Eine klare Linie ist oft die bessere Variante. Aber es
       ist ohnehin zu einer Unsitte geworden, die Entscheidungen des
       Schiedsrichters derart anzugreifen.
       
       Hat das zugenommen? Und wenn ja, warum? 
       
       Ja, ganz extrem, genauso wie diese ganze Schauspielerei. Das, was Neymar
       macht, schadet dem Fußball. All das zeigt, dass der Fußball immer
       emotionaler und öffentlichkeitswirksamer wird und dass immer mehr Show
       dazugehört.
       
       Warum zücken Schiedsrichter bei Schwalben so selten die Gelbe Karte? 
       
       Sobald auch nur ein minimaler Kontakt vorliegt, ist eine Schwalbe keine
       Schwalbe mehr. Wenn der Schiedsrichter das nicht sicher ausschließen kann,
       wird er die Gelbe Karte stecken lassen.
       
       Neben den irregulären Elfmetern gab es auch andere kleinere Regelverstöße.
       Wie sollten zum Beispiel falsch ausgeführte Einwürfe geahndet werden? 
       
       Nur die absoluten Rohrkrepierer sollten abgepfiffen werden. Dazu gehören
       Bälle, die nicht in einem Zug über den Kopf geworfen werden. Ansonsten gilt
       auch da: Entscheiden im Geiste des Fußballs.
       
       4 Jul 2018
       
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