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       # taz.de -- Frankreichs neuer Stürmerstar: Der kommende Weltfußballer
       
       > Rasend schnell, wendig wie ein Ninja Turtle, ein Banlieue-Junge mit
       > Rückhalt: Eine Hymne auf den Franzosen Kylian Mbappé.
       
   IMG Bild: Hier bin ich, und alles ist gut, wie es ist: Kylian Mbappé
       
       Kylian Mbappé ist, erstens, schnell. [1][Sehr schnell.] Viel schneller als
       die anderen. Er ist schnell auf dem Platz, und auch darüber hinaus: er ist
       sechzehn Jahre alt, als er in der ersten französischen Liga debütiert,
       siebzehn, als er das erste mal trifft. Er ist der jüngste französische
       WM-Spieler. [2][Der kommende Weltfußballer], sagt Neymar. Der nächste
       Zidane, sagt Christophe Dugarry. Unglaublich, sagt Didier Drogba.
       
       Kylian Mbappé wächst in Bondy auf, einer jener französischer Vorstädte, die
       man mit Armut assoziiert, Drogen und gewalttätigen Jugendlichen. Riesige
       Betonkomplexe erdrücken den Horizont, es gibt wenig Arbeit. Etwas über
       50.000 Einwohner hat die cité, die Arbeitslosenquote liegt bei fast 22
       Prozent, die Armutsquote bei über 30 Prozent.
       
       Auf einem der Wohnklötze prangt nun seit einem Jahr sein Porträt: Kylian
       Mbappé. „Bondy, ville des possibilités“, steht darunter, „Stadt der
       Möglichkeiten“, und auf dem Trikot: Fly Emirates. 18 war er, als man ihm
       dieses Denkmal setzte. Es ist die eine, hollywoodeske Art, seine Geschichte
       zu erzählen, als neoliberales Märchen: die eines Aufstiegs, der keine
       Bedingungen brauchte, nur Willen.
       
       Und es gibt die andere, kompliziertere. Es ist die Geschichte eines
       Jugendlichen, der das Glück hat, eingebettet zu sein, Rückhalt zu haben;
       einer Karriere, der Rückschläge erlaubt sind. Kylian Mbappé gilt als
       schwieriger Schüler, freundlich zwar und nett, intelligent auch, aber
       unruhig, desinteressiert an vielen Fächern.
       
       Seine Mutter, ehemalige Handballprofi, bespricht sich, so erzählen sie es
       heute, jeden Abend mit den Lehrern. Sie besteht darauf, dass es einen
       Alternativplan gibt, außerhalb des Fußballs. Der Vater, ehemaliger
       Fußballer und jetzt Jugendtrainer, arbeitet noch immer beim AS Bondy.
       
       ## Immer grinsend, immer fröhlich
       
       In Interviews, die er sporadisch gibt, erzählt er auch von Sébastien
       Corchia, der jetzt beim FC Sevilla unter Vertrag steht, und von Jonathan
       Ikoné, der für den HSC Montpellier aufläuft. Auch sie haben in der Jugend
       hier gespielt. Es geht um alle da.
       
       Kylian Mbappé versteht, zweitens, den Raum, und er durchmisst ihn. Es ist,
       als hätte er ein Sonar eingebaut; ob im großen oder kleinen, er findet den
       Platz, den er braucht. Und Kylian Mbappé ist stur. Bilder aus seiner
       Kindheit zeigen ihn auf einem Bett sitzend, breit grinsend, die Wände
       seines Zimmers tapeziert mit Postern von Cristiano Ronaldo.
       
       Andere Bilder zeigen ihn mit den Idolen seiner Kindheit, immer grinsend,
       immer fröhlich; es ist auch deswegen einfach, Mbappé zu lieben, weil er
       selbst so sehr geliebt hat. Wendigkeit ist, drittens, ein kleines Wort für
       das, was Kylian Mbappé kann. Er ist wendig, wie ein Ninja Turtle wendig
       ist, wenn er sich auf seinem Rücken dreht; er kann in vollem Sprint, den
       Ball am Fuß, um 180 Grad die Richtung wechseln. Jedem anderen würden bei
       einem solchen Manöver die Bänder reißen, aber er, er geht einfach weiter.
       
       ## Monaco im falschen Moment
       
       Kylian Mbappé kommt, so scheint es, im falschen Moment in Monaco an. Der
       ehemalige Ausbildungsverein setzt jetzt auf etablierte Kräfte. Ein Investor
       pumpt Geld in die Mannschaft, die jetzt ein Projekt ist; ein Projekt, das
       die Vorherrschaft von Paris Saint-Germain angreifen soll. Als Kylian Mbappé
       2014 unterschreibt, war Monaco gerade Vizemeister geworden, als Aufsteiger.
       
       Mbappé versteht sich nicht mit seinem Trainer, der ihm Egoismus vorwirft,
       Launenhaftigkeit, mangelnden Respekt. Aber der U21-Trainer zieht ihn nach
       oben, und kaum hat er ein paar Spiele für die Reserve gemacht, beruft ihn
       Leonardo Jardim zu den Profis. In der nachfolgenden Saison macht er 26 Tore
       in 44 Spielen. Monaco wird Meister, vor dem milliardenschweren PSG.
       
       Im Jahr darauf wechselt er zu Paris. Nach seinen Toren verschränkt er die
       Arme vor der Brust, die Hände unter den Achseln. Sein Kopf, mit dem Grinsen
       im Gesicht, ist zur Seite geneigt. Er legt die Stirn in Falten, aber es
       sieht freundlich aus; hier bin ich, sagt diese Geste, schaut her, und es
       ist alles gut, wie es ist.
       
       6 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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