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       # taz.de -- Kolumne Mithulogie: Nicht mit meinen Steuern!
       
       > Geflüchtete sterben im Mittelmeer und wir können nichts dagegen tun. Doch
       > wir könnten unseren Steueranteil, den Frontex erhält, zurückhalten.
       
   IMG Bild: Keine Werbung für Benetton, sondern Menschen in Not
       
       „Ist es nicht schrecklich?“ ist die Frage, die ich letzte Woche am
       häufigsten gehört habe. Wir haben eine UN, die das Asylrecht de facto
       abgeschaft hat und einen Seehofer, der sich zum Horst macht, weil ihm das
       noch immer nicht reicht – so wenig reicht, dass er seinen Rücktritt
       anbietet, und als alle schon denken „Okay, wenigstens etwas“, vom Rücktritt
       zurücktritt.
       
       „Ich mache ab jetzt nur noch [1][Guerilla Gardening].“ So erklärt mir meine
       Freundin Sandra, warum sie alle anderen Formen von Politik aufgegeben hat.
       „Da kann ich wenigstens etwas verändern.“
       
       Na gut, Seenotrettung dürfte sie jetzt auch nicht machen. Schließlich war
       der Juli der Tödlichste auf dem Mittelmeer – 629 Menschen ertranken letzten
       Monat bei dem Versuch nach Europa zu gelangen – und diesen Rekord [2][darf
       keine Lifeline] oder Sea-Watch 3 oder Iuventa oder Seefuchs oder Aquarius
       verpatzen, indem sie Menschen einfach aus dem Wasser fischen.
       
       ## Schlechte Nachrichten für Benetton
       
       Dass die Rettungsschiffe nicht mehr retten dürfen, sind schlechte
       Nachrichten … für Benetton, schließlich macht die Modekette gerade Werbung
       mit dem Foto eines Schlauchboots voller afrikanischer Flüchtlinge, die von
       der Aquarius geborgen werden – wahrscheinlich um zu sagen, dass
       Rettungswestenorange die Farbe des Sommers ist: United Colors of Benetton.
       Es ist schon blöd, wenn die Werbung so schnell nicht mehr aktuell ist.
       
       1992 druckte Benetton noch Plakate, auf denen der schrottreife Frachters
       Vlora zu sehen war, gedrängt voll mit über 10.000 Geflüchteten. Damals fand
       ich das obszön. Heute finde ich es nahezu utopisch. Wow, da war es noch
       möglich, in normalen Schiffen die 14 km der Straße von Gibraltar zu
       überqueren und nicht in Nussschalen mehr als 300 km zurücklegen zu müssen?
       Unvorstellbar! Und warum ist das heute unvorstellbar? Weil die
       Kriegsschiffe der Frontex das seit 2004 unmöglich machen.
       
       Um noch viel mehr unmöglich machen zu können, [3][soll die Frontex jetzt
       von 600 Stellen auf 10.000] (kein Tippfehler!) aufgestockt werden. Was das
       kostet, erfahren wir nicht. Bloß dass es mehr als 21,3 Milliarden werden
       (das war die ursprüngliche Summe, die jetzt nicht mehr reicht).
       
       Das wüsste ich aber gerne! Weil ich dann ausrechnen könnte, welcher Anteil
       meiner Steuern in das Sterben im Mittelmeer fließt, um diesen
       zurückzuhalten. Das haben Vietnam-Kriegs-Gegner*innen in den 1960ern in den
       USA so gemacht und der Vietnamkrieg endete mit der moralischen und
       militärischen Niederlage der USA. Juristische Ratschläge, wie das umsetzbar
       sein kann, sind dringend erwünscht!
       
       Während ich das tweete, postet Sandra auf Facebook: „Weltweit beginnen
       Stadtplaner mit der Umsetzung von Parkanlagen, in denen Hunderte von
       Obstbäumen, Gemüsepflanzen und Kräuterspiralen stehen sollen. Diese
       ‚Essbaren Waldgärten‘ sollen ‚für jedermann gleichsam frei zu nutzen
       sein‘.“
       
       So, und jetzt gehe ich einen Apfelbaum pflanzen!
       
       10 Jul 2018
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Mithu Sanyal
       
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