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       # taz.de -- Kolumne Russia Today: Russland ist im Paradies angekommen
       
       > Nur der Ferienmythos Sotschi konnte der Ort sein, an dem das russische
       > Team diese WM beendet. Die Realität vor Ort ist wenig glamourös.
       
   IMG Bild: Sotschi ist das Paradies, Schluss!
       
       Samstage und Sonntage sind Sotschi-Tage. Das hat sich irgendwie so ergeben
       bei dieser Weltmeisterschaft. Seitdem ich am Anfang beim Spiel der
       [1][Deutschen gegen Schweden] war, fliege ich hier pünktlich zum Wochenende
       immer übers Schwarze Meer die spektakuläre Einflugschneise zum küstennahen
       Flughafen ein.
       
       Ich bin zum Sotschi-Beauftragten dieser WM geworden. Und darum würde mich
       bestimmt halb Russland beneiden – also gar nicht so wenige Leute. Denn für
       viele in diesem Land ist Sotschi eine Verheißung, so etwas wie das irdische
       Paradies. Allein schon einmal hierherzukommen wird als großes Glück
       erachtet.
       
       Und wer sich rechtschaffen verhält aus Sicht der russischen Machthaber, hat
       viel bessere Chancen in den Garten Eden Russlands zu gelangen. Eine
       putingetreue Aktivistin hat mir erzählt, dass in ihrer Jugendorganisation
       diejenigen, die sich besonders auszeichnen, eine Sotschi-Reise geschenkt
       bekämen.
       
       Die Mehrheit aber dürfte sich selbst damit beschenken. So voll wie es in
       Sotschi ist, kann das kaum anders sein. Doch mittlerweile frage ich mich
       immer mehr, was denn eigentlich das Besondere an Sotschi ist. Gut, es gibt
       nicht viele Orte in Russland, wo man zum Schwitzen nicht in die Sauna gehen
       muss und das Meer zum Baden einlädt.
       
       Ansonsten aber ist wenig in diesem Paradies zu finden, was liebreizend oder
       gar betörend genannt werden könnte. Die Bauten sind entweder neureich
       protzig oder ökonomisch massentauglich. An einem Wochenende war ich zwei
       Nächte in einem Ferienresort. Eine Anlage mit einer Rezeption, wo man sich
       in eine lange Schlange einreihen musste zum Check-in wie am Flughafen. Ich
       hatte Haus Nr. 7 mit Aufgang Nr. 4 und Zimmernummer 417 bekommen. Ohne die
       Zahlen wäre ich auf diesem Gelände der Gleichmacherei verloren gewesen.
       
       Den Russen hier ist das eh einerlei. Sie brauchen auch nicht diesen feinen
       Sand, von dem die Urlaubsparadiesmagazine schwärmen. Sie machen es sich
       gern an diesem ewig langen Kieselstrand von Sotschi bequem. Und wählerisch
       sind sie ebenso wenig. Die Grillbuden, wo sie ihre Mägen auffüllen, sind
       kaum voneinander zu unterscheiden. Aber satt wird man schließlich überall.
       
       Der Mythos von Sotschi dagegen braucht nicht groß genährt werden. Dieser
       Mythos ist ein Überlebenskünstler, nichts kann ihm etwas anhaben. Er lebt
       von Meeresluft und Meerwasser allein. Sotschi ist das Paradies. Schluss!
       Aus! Fertig! Wer nicht hierher will, ist selbst schuld. Und klar ist, dass
       nur Sotschi der Ort sein konnte, an dem das russische Team diese
       Weltmeisterschaft beendet. Russland ist im Paradies angekommen. Die WM ist
       nun auch für Sotschi beendet. Ich weiß gar nicht, was ich nächsten Samstag
       und Sonntag machen soll.
       
       9 Jul 2018
       
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