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       # taz.de -- Zugriff auf biometrische Daten: Klage gegen Überwachung
       
       > Sicherheitsbehörden erhielten durch das eID-Gesetz Zugriff auf Passdaten.
       > Dagegen haben KritikerInnen nun Verfassungsbeschwerde eingelegt.
       
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       Datenzugriff durch die Hintertür: Im Juli 2017 verabschiedete der Bundestag
       das eID-Gesetz „zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises“ –
       damit sollten in erster Linie die bisher kaum verwendeten elektronischen
       Funktionen des Personalausweises forciert werden.
       
       Doch im Gesetzestext fand sich auch ein anderes pikantes Detail: Mit dem
       eID-Gesetz erhalten zahlreiche Stellen automatisierten Zugriff auf die
       zentrale Datenbank der Passbehörden – inklusive der biometrischen Daten von
       Millionen Bürgerinnen und Bürgern.
       
       Der entsprechende Passus war von Anfang an höchst umstritten, weil er sehr
       kurzfristig eingefügt wurde. Wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF)
       nun Mitte vergangener Woche bekannt gab, hat sie mit einer Gruppe von
       BeschwerdeführerInnen Verfassungsbeschwerde gegen den automatisierten
       Zugriff der Sicherheitsbehörden auf die sensiblen Datenbanken eingelegt.
       
       Die GFF unterstützt Klagen von Einzelpersonen vor dem
       Bundesverfassungsgericht organisatorisch und finanziell. Die Klagen drehen
       sich in erster Linie um Fragen der Menschenrechte, der Überwachung und der
       Informationsfreiheit, beispielsweise beim BND-Gesetz und der
       Vorratsdatenspeicherung. Im konkreten Fall klagen die ehemalige
       Linken-Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak, der Göttinger Rechtsanwalt
       Sven Adam sowie Markus Beckedahl und Andre Meister von Netzpolitik.org.
       
       Sie kritisieren die neu geschaffenen Befugnisse von Polizeien der Länder
       und des Bundes, des Militärischen Abschirmdienstes sowie des
       Verfassungsschutzes, die nun auf die Passbilder sämtlicher
       Bundesbürgerinnen und -bürger zugreifen können. Dies war bislang nur in
       besonders dringenden Fällen – zum Beispiel zu Zwecken der Strafverfolgung –
       möglich.
       
       ## Niemand kann sich entziehen
       
       Mit dem neuen Gesetz jedoch sind weder ein konkreter Verdacht noch eine
       spezielle Erlaubnis erforderlich, um die sensiblen Informationen abzurufen.
       Die Sicherheitsbehörden könnten die biometrischen Daten beispielsweise für
       einen Abgleich mit intelligenten Kamerasystemen verwenden – ein Verfahren,
       das bereits beim [1][Pilotprojekt zur Gesichtserkennung] am Berliner
       Bahnhof Südkreuz zum Tragen kommt.
       
       Langfristig befürchten die Kritikerinnen und Kritiker als Folge der
       Neuregelung eine bundesweite Datenbank biometrischer Merkmale. Dies hatte
       der Gesetzgeber jedoch bei der Einführung biometrischer Passdaten in den
       2000er Jahren immer wieder verneint.
       
       Dieser Datenbank könnte sich jedoch niemand entziehen – denn mindestens
       einen Reisepass oder Personalausweis muss jede erwachsene Person in
       Deutschland besitzen. Die GFF sieht das eID-Gesetz daher als
       unverhältnismäßig und verfassungswidrig an.
       
       Das Bundesinnenministerium erklärte auf Anfrage, es teile diese Kritik
       nicht. In den kommenden Tagen erwarte man eine Aufforderung vom
       Bundesverfassungsgericht, Stellung zu den Kritikpunkten zu nehmen. Das
       Ministerium wolle das eID-Gesetz jedoch verteidigen.
       
       Die Chancen dafür, dass die Richter in Karlsruhe der Verfassungsbeschwerde
       stattgeben, schätzt die GFF der taz gegenüber als hoch ein. Mit Blick auf
       die Rechtsprechung der letzten Jahre erklärt Bijan Moini von der
       Gesellschaft für Freiheitsrechte: „Das Bundesverfassungsgericht stand der
       anlasslosen Speicherung und Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten
       bislang sehr kritisch gegenüber“.
       
       23 Jul 2018
       
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