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       # taz.de -- Kommentar Familiennachzug: „Heilig“ sind nur „deutsche“ Familien
       
       > Vorurteile, statt Hilfe: Die Regeln für die Familienzusammenführung sind
       > bürokratisch, unmenschlich und im Kern rassistisch.
       
   IMG Bild: Gilt der besondere Schutz der Familie für wirklich alle?
       
       Es gibt nicht wenige Dinge, die es nach dem berühmten gesunden
       Menschenverstand in einem Rechtsstaat eigentlich nicht geben dürfte – aber
       gibt. Zum Beispiel dies: In einem Land, das Ehe und Familie quasi heiligen
       Status zubilligt und in dem Politiker allenthalben von der „Zukunft unserer
       Kinder“ schwafeln, in einem solchen Land existieren Vorschriften, die
       besagen, dass weder die Trennung von Eltern und Geschwistern noch das Leben
       in einem Kriegsgebiet für ein Kind eine „außergewöhnliche Härte“ bedeutet.
       
       Wer sich so etwas ausdenkt, hat entweder keine Ahnung von kindlicher
       Entwicklungspsychologie – oder strikte Anweisung von oben, sich alles
       Mögliche auszudenken, damit Geflüchteten der Familiennachzug so schwer wie
       möglich gemacht wird.
       
       In diesen Zeiten, wo die Angst vor der AfD Diskurse und Regierungshandeln
       bestimmt, kann man sich gut vorstellen, was in den Köpfen bürokratischer
       Schreibtischtäter so vorgeht, wenn sie an neuen Beschränkungen basteln:
       Diese Syrer und Afghanen sind doch selbst schuld am Auseinanderreißen der
       Familie, wenn sie ihre Kinder vorschicken und darauf spekulieren, dass am
       Ende die ganze Bagage mit Krethi und Plethi den bezahlten Flug ins gelobte
       Deutschland bekommt! Denen kann man ruhig eine erneute Trennung zumuten!
       
       Ein solches Denken fußt freilich auf einer Reihe von Vorurteilen. „Die“
       kriegen alle Dutzende Kinder – wenn man einen „reinlässt“, ist das wie ein
       Fass ohne Boden. Und: „Die“ geben ihre Kinder leichtfertig auf gefährliche,
       weite Reisen – nur um ihres eigenen Vorteils willen.
       
       Im Einzelfall mag es das geben. Aber warum nimmt der Bürokrat für den
       Regelfall nicht eher an, was er für sich und seinesgleichen reklamieren
       würde? Dass sich nämlich Eltern nur in absoluten Notlagen von ihren Kindern
       trennen, wenn es um Leben und Tod geht und sie nicht anders weiterwissen?
       
       Die Antwort ist leider: aus Rassismus. „Denen“ trauen wir alles Mögliche,
       aber keine hehren Motive zu. Und „heilig“ ist sowieso nur die „deutsche“
       Familie.
       
       25 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
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