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       # taz.de -- Science-Fiction-Film „Hotel Artemis“: Wo Gangster ihre Wunden lecken
       
       > Schwarzhumorige Zukunft: „Hotel Artemis“ lässt Jodie Foster als Leiterin
       > einer Klinik für besondere Bedürfnisse gekonnt alt aussehen.
       
   IMG Bild: Im Hotel Artemis suchen verletzte Verbrecher Unterschlupf, um sich ambulant behandeln zu lassen
       
       Die Horror- und Science-Fiction-Filme dieser Tage können sich vor allem auf
       den Zerfall von Gesellschaft und Zivilisationserrungeschaften einigen. Fast
       schon obsessiv werden „letzte Menschen“ als Protagonisten durch die Ruinen
       der Wohlstandsgesellschaft geschickt, wo sie sich gegen ihre Artgenossen
       oder Bedrohungen anderer Art zur Wehr setzen müssen. Fast immer suchen sie
       Zuflucht. Kein Wunder bei der Weltlage.
       
       Zuflucht suchen auch die Figuren in „Hotel Artemis“. Der spielt zehn Jahre
       in der Zukunft, kann daher als Science-Fiction durchgehen, ist aber in
       erster Linie eine sehr schwarzhumorige Gangsterkomödie um die titelgebende
       Institution. Gleich zu Beginn wird angedeutet, dass es um den sozialen
       Zusammenhalt im Los Angeles von 2028 nicht gut bestellt ist. Entwicklungen
       wie die Privatisierung von Trinkwasser sorgen auf den Straßen für Unruhen.
       Währenddessen suchen im Hotel Artemis verletzte Verbrecher Unterschlupf, um
       sich die dringend benötigte ambulante Behandlung zukommen zu lassen. Unter
       der professionellen Leitung der „Schwester“ (Jodie Foster) können sich die
       Gäste eines diskreten Service erfreuen.
       
       Viel mehr braucht man eigentlich von der Handlung kaum zu wissen: Ein
       Bruderpaar kommt nach einem misslungenen Überfall ins Hotel, der eine
       schwebt in Lebensgefahr, der andere, Waikiki (cool: Sterling K. Brown), ist
       mit dem Schrecken davongekommen. In der Lobby trifft Waikiki auf seine alte
       Bekannte Nice (cooler: Sofia Boutella), die bloß eine leichte Schusswunde
       im Arm aufweist und bald durchblicken lässt, dass sie in der Klinik einen
       Auftrag zu erfüllen hat. Nach und nach füllt sich der Laden, besonders die
       Ankündigung, der „Wolf King“ (Jeff Goldblum) sei auf dem Weg ins Hotel,
       sorgt für Aufregung.
       
       Der britische Drehbuchautor und Produzent Drew Pearce legt mit „Hotel
       Artemis“, für das er die Geschichte selbst geschrieben hat, sein Regiedebüt
       vor. Wovon er allemal etwas versteht, ist die Inszenierung des Orts der
       Handlung – tatsächlich spielen fast alle Szenen innerhalb des Hotels. Und
       das kann mit hübsch heruntergewirtschaftetem Art-déco-Design überzeugen, in
       dem kleine Gadgets wie futuristisch gestaltete interaktive
       Kommunikationsboxen und auf Zuruf sich zuschaltende Screens in den Räumen
       die nötigen technischen Details liefern, um die Zukunft als solche
       kenntlich zu machen.
       
       ## Gut platzierte Situationskomik und Sinn fürs Makabre
       
       Was Pearce ebenfalls gut gelingt, sind die Dialoge. Zwischen fast allen
       Beteiligten, zu nennen wäre etwa noch der Assistent der Schwester, der
       muskel- und tattoobewehrte Everest (schlagfertig: Dave Bautista) oder der
       dauernörgelnde, rassistische Gast Acapulco (Charlie Day), gibt es
       Sticheleien, Kräftemessen und Drohungen, stets mit gut platzierter
       Situationskomik und Sinn fürs Makabre.
       
       Vor allem aber lässt Pearce seine Hauptdarstellerin Jodie Foster einfach
       sehr gut alt aussehen. Diese pragmatisch-abgebrühte Schwester kann
       scheinbar nichts umhauen, dass sie ihre tiefen Ringe unter den Augen aber
       einigen ernsten Sorgen und Verletzungen verdankt, macht Foster mit
       zunehmend nervösem Spiel mehr und mehr deutlich.
       
       Foster hält die leicht selbstverliebte Angelegenheit denn auch maßgeblich
       zusammen. Das durch den Einsatz von Handfeuer- und anderen Waffen geprägte
       Finale, auf das der Film mit geringfügigen Umleitungen hinsteuert, wirkt
       letztlich ebenso unmotiviert wie das persönliche Drama der Schwester, das
       Pearce nach und nach in Rückblenden andeutet. Am Ende wird es ein mit Tempo
       dargebotener derber Spaß gewesen sein.
       
       25 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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