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       # taz.de -- Kommentar Bewegung für Seenotrettung: Aufstand der Unterrepräsentierten
       
       > Die Seebrücken-Bewegung für eine andere Flüchtlingspolitik ist öffentlich
       > brutal unterrepräsentiert. Doch es gibt Anzeichen eines Umdenkens.
       
   IMG Bild: Gegen die Abschottung Europas und die Kriminalisierung der privaten Seenotrettung formiert sich Protest
       
       Hannover, Kassel, Paderborn, Lörrach, Dinslaken, Trier: Eine kleine Auswahl
       von Orten, [1][an denen am Wochenende gegen das Sterben im Mittelmeer], für
       die Entkriminalisierung der Seenotrettung und für eine andere
       Flüchtlingspolitik demonstriert wurde. Die Liste ließe sich noch lange
       weiterführen. [2][Seebrücke nennt sich die Bewegung], die vor einem Monat
       mit einer Demonstration in Berlin startete, aber längst an allen möglichen
       Orten in Deutschland stattfindet. Viele ihrer Mitglieder vernetzen sich
       über Facebook, Rettungswestenorange ist die gemeinsame Farbe.
       
       Bewegung? Ja. Wenn ein Wochenende nach dem anderen Tausende Menschen unter
       einem gemeinsamen Banner auf die Straße gehen, dann kann man von einer
       Bewegung sprechen, die hier gerade entsteht. Es ist eine Bewegung, die –
       mindestens – eine rote Linie ziehen will. Die rote Linie heißt: Nein, wir
       lassen keine Menschen im Mittelmeer ertrinken. Nein, Abschiebungen nach
       Afghanistan sind kein Geburtstagsgeschenk. Nein, [3][Seenotrettung ist kein
       Gegenstand für ein Pro und Contra.] Ein liberal-humanistischer
       Minimalkonsens quasi, der hier verteidigt wird.
       
       Warum das nötig ist, zeigt der Umgang mit der Seebrücken-Bewegung selbst:
       In der öffentlichen Wahrnehmung ist sie brutal unterrepräsentiert.
       
       Es wiederholt sich, was in der gesamten Auseinandersetzung über
       Flüchtlingspolitik in den letzten Jahren zu beobachten ist: Während [4][die
       AfD in jede Talkshow eingeladen wird], während die Journalistendichte bei
       Pegida so hoch war, dass sie sich gegenseitig interviewten, während jeder
       asylrechtliche Blödsinn, den die CSU in den Raum stellt, hoch und runter
       diskutiert wird, bleibt es um die Gegenseite merkwürdig still.
       
       ## Vorsichtiges Umdenken
       
       Mehr als acht Millionen ehrenamtliche Flüchtlingshelfer gab es 2015 in
       Deutschland, viele von ihnen sind nach wie vor aktiv, andere hinzugekommen.
       [5][87 Prozent der Wähler] haben bei der letzten Bundestagswahl nicht der
       AfD ihre Stimme gegeben. Drei von vier Deutschen finden es richtig, dass
       NGOs im Mittelmeer Flüchtlinge retten. Man fragt sich schon, wann eine der
       deutschen Parteien auf die Idee kommen wird, dass diese Menschen eine
       wichtige Wählergruppe sein könnten, um die es sich zu werben lohnt.
       
       Immerhin: Dass die Bayern-SPD vor wenigen Tagen den Kapitän des
       Rettungsschiffs „Lifeline“ [6][mit ihrem Europapreis bedachte], kann man
       als kleines Anzeichen eines vorsichtigen Umdenkens deuten. Dass [7][eine
       deutsche Stadt nach der anderen] öffentlichkeitswirksam anbietet, aus
       Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen, ebenso. Vielleicht zahlt er sich
       doch noch aus, der lange Atem der Unterrepräsentierten.
       
       30 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Tag-der-Seenotretter/!5523911
   DIR [2] /Aktivistin-ueber-Aktion-Seebruecke/!5519102
   DIR [3] /Debatte-um-Seenotrettung/!5522012
   DIR [4] /Framing-in-politischen-Talkshows/!5508728
   DIR [5] /Twitter-Aktion-gegen-Rechtspopulisten/!5450027
   DIR [6] http://www.spiegel.de/politik/ausland/lifeline-bayerische-spd-ehrt-kapitaen-mit-europapreis-a-1218888.html
   DIR [7] /Offener-Brief-an-die-Bundeskanzlerin/!5523797
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
       
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