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       # taz.de -- Fußball-WM 2022 in Katar: Zuschlag dank Geheim-Kampagne?
       
       > Die „Sunday Times“ erhebt schwere Vorwürfe gegen Katar. Der Staat soll
       > mit Geheimoperationen falsche Infos über die Konkurrenten gestreut haben.
       
   IMG Bild: Wie viel Geld wohl hinter diesem Stück Papier steckt?
       
       Es verspricht [1][lustig zu werden bis zur WM 2022]. Nach zahllosen
       Skandalen um sklavenartige Arbeitsverhältnisse, um über tausend Tote auf
       WM-Baustellen, um mutmaßliche Korruption bei der Vergabe und nach
       vielfachen Forderungen, dem Emirat diese Weltmeisterschaft zu entziehen,
       hat jetzt die [2][britische Sunday Times neue Vorwürfe veröffentlicht].
       Demzufolge soll Katar mithilfe von Geheimoperationen während der
       WM-Bewerbung gezielt Falschinformationen über die Konkurrenten Australien
       und USA verbreitet haben.
       
       Die Zeitung will das von einem Whistleblower aus der katarischen
       Bewerbungskampagne erfahren haben. Nach dessen Angaben sollen unter anderem
       eine PR-Agentur und Ex-CIA-Agenten angeheuert worden sein, um falsche
       Propaganda zu verbreiten. Das wäre ein Verstoß gegen die Fifa-Statuten,
       denen zufolge es Bewerbern verboten ist, die Bewerbungen anderer Länder zu
       kommentieren.
       
       Nach Recherchen der Sunday Times soll ein katarisches Team dafür die
       US-Agentur Brown Lloyd Jones (BLJ) angeheuert haben. Zitiert wird eine
       geleakte Mail von BLJ-Präsident Michael Holtzman von 2010 an einen
       führenden katarischen Berater: „In den vergangenen vier Monaten haben wir
       an einer umfassenden Kampagne gearbeitet, den Ruf der Kandidaten für
       2018/2022 zu beschädigen, insbesondere den von Australien und den
       Vereinigten Staaten.“
       
       Ziel soll gewesen sein, die Stimmung in den beiden Konkurrenzstaaten gegen
       die WM-Ausrichtung zu lenken und zu vermitteln, innerhalb der Länder gebe
       es wenig Rückhalt für eine Bewerbung.
       
       ## Bestechungen und angeheuerte Demonstrationen
       
       In Australien und den USA sollen dafür Journalisten und Blogger bestochen
       worden sein, die anschließend in ihren Texten negative Aspekte einer
       WM-Ausrichtung herausstellten. In den USA soll zudem ein hochrangiger
       Professor 9.000 Dollar für einen kritischen Bericht über die hohen Kosten
       einer WM erhalten haben. Sogar eine Resolution für den US-Kongress sei
       geplant gewesen.
       
       Und allerlei Kleinigkeiten: Eine Gruppe US-amerikanischer Sportlehrer sei
       angeheuert worden, Abgeordnete gegen die WM-Ausrichtung aufzubringen, und
       in Australien soll eine Gruppe Rugbyspieler angeworben worden sein, um
       gegen die WM zu demonstrieren.
       
       Dem Vizechef des katarischen OK-Teams, Ali al-Thawadi, soll die Kampagne
       bekannt gewesen sein. Katar selbstverständlich weiß von all dem nichts:
       „Das Supreme Committee weist alle Vorwürfe der Sunday Times zurück. Wir
       haben alle Fifa-Regeln im Rahmen der Bewerbung eingehalten.“
       
       Die Fifa wiederum verhielt sich auffallend zurückhaltend. In einer
       Stellungnahme verwies der Verband nur auf die eigene und bereits
       abgeschlossene Ermittlung durch den US-Anwalt Michael Garcia, im Zuge derer
       Katar vom Korruptionsvorwurf freigesprochen wurde.
       
       ## Gute Beziehungen zum Fifa-Präsident
       
       Der Zeitpunkt der Enthüllungen ist hochinteressant und wohl kaum zufällig.
       [3][Der Konflikt zwischen Katar und seinen Nachbarstaaten,] allen voran
       Saudi-Arabien, der mit der Wirtschaftsblockade gezielt weiter eskaliert
       wurde, dreht sich auch um die prestigeträchtige WM.
       
       Zuletzt intensivierte Saudi-Arabien seine Bemühungen, den Kataris das
       Turnier zu nehmen. Anfang des Jahres streute das saudische Sportministerium
       Gerüchte, Katar werde das Turnier in diesem Spätsommer verlieren; 2018
       bemühte man sich außerdem, bei der Fifa ein 48-Teilnehmer-Turnier schon
       2022 durchzusetzen. Dabei fielen auch die guten Beziehungen zu
       Fifa-Präsident Gianni Infantino auf.
       
       Der zeigt sich seit Längerem den Saudis aus finanzpolitischen Überlegungen
       sehr zugeneigt, schürt damit allerdings Machtkonflikte innerhalb der Fifa.
       Sein 48-Teilnehmer-Plan wurde vom Fifa-Rat blockiert. Mit einem
       25-Milliarden-Dollar-Plan durch eine unbekannte Investorengruppe,
       mutmaßlich unter Führung von Saudi-Arabien, versuchte Infantino im März
       wiederum, den Saudis mehr Einfluss zu erkaufen, und scheiterte erneut.
       
       Gut möglich, dass gerade der finale Showdown um die WM-Ausrichtung 2022
       beginnt. Und gut möglich, dass auch England da nicht ohne Interesse agiert.
       David Triesman, Ex-Vorsitzender der FA, meldete im Text schon mal an,
       England könne ja als Ausrichter einspringen.
       
       30 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fussball-WM-in-Katar/!5522320
   DIR [2] https://www.thetimes.co.uk/article/exclusive-qatar-sabotaged-2022-world-cup-rivals-with-black-ops-glwl3kxkk
   DIR [3] /Reaktion-des-isolierten-Golfstaates-Katar/!5422722
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
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