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       # taz.de -- Kommentar Geflüchtete in Spanien: Zwiespältige Migrationspolitik
       
       > Trotz seines effektiven Grenzregimes begegnet Spanien Geflüchteten mit
       > gewisser Offenheit. Das Land könnte ein Gegenpol zu Europas Hardlinern
       > sein.
       
   IMG Bild: Gerettete Geflüchtete an einer Station der spanischen Küstenwache im Hafen von Algeciras
       
       Wem es vor Gestalten wie Italiens Innenminister Matteo Salvini graust, der
       schöpft in diesen Tagen beim Blick auf die Iberische Halbinsel Hoffnung.
       Nachdem Tausende Flüchtlinge die Küsten Andalusiens erreichten, erklärte
       Außenminister Josep Borrell ungerührt: „Wir haben keine Angst vor einer
       Flutwelle.“ Rettet die Linksregierung in Madrid also, was die
       Rechtspopulisten von Warschau bis Rom gerade mit voller Kraft zu zerstören
       versuchen? Mitnichten.
       
       Spanien hat viele Jahre lang konsequent dafür gesorgt, Probleme, wie
       Italien sie hatte, gar nicht erst zu kriegen. Es ist der einzige EU-Staat,
       der Landgrenzen mit Afrika hat, und es war der erste, der ganz buchstäblich
       Zäune hochzog. Spanien gab sich ein Gesetz, um Flüchtlinge, die
       herüberklettern, direkt wieder bei den Marokkanern abgeben zu können.
       „Devoluciones en Caliente“ heißt das, „heiße Rückgaben“. Seehofers Traum
       hat Spanien sich längst erfüllt. Spanien war der erste EU-Staat, der seine
       Polizei in Sachen Flüchtlingsstopp nach Afrika schickte. Seit über zehn
       Jahren ist die Guardia Civil im Senegal, kontrolliert und gängelt die Leute
       dort.
       
       Das hat Spanien nie daran gehindert, ganze Industrien – nämlich die
       Landwirtschaft in Andalusien – auf der Ausbeutung illegalisierter
       MigrantInnen zu gründen. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass ebendiesen
       ArbeiterInnen auch immer wieder die Legalisierung des Aufenthalts
       ermöglicht wurde.
       
       Gleichwohl: Spanien hat seit Langem eines der effektivsten Grenzregime
       Europas. Da fällt es leicht, heute etwas großzügiger zu sein. Wobei
       fraglich ist, was genau von Spaniens neuer Offenheit zu halten ist: [1][Die
       „Aquarius“-Geretteten im Juni durften zwar in Valencia von Bord], letztlich
       genommen hat sie aber Frankreich. Und aus den „sicheren Häfen“ könnten
       schnell EU-Internierungslager der nächsten Generation werden.
       
       Und trotzdem: Dass denen, die es heute nach Spanien schaffen, mit
       Gelassenheit und auch einer gewissen Empathie begegnet wird, ist viel wert.
       Spaniens Regierung und Zivilgesellschaft könnten so in diesem Sommer der
       Abschottung zu einem der bedeutendsten Gegengewichte zu den Hardlinern in
       der EU werden. Eine Revision von Spaniens eigener Politik bietet dabei mehr
       als genug Gelegenheit, die moralische Überlegenheit tatsächlich unter
       Beweis zu stellen. Bis dahin hat der Eintritt in den Fanclub der spanischen
       Willkommenskultur noch Zeit.
       
       3 Aug 2018
       
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