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       # taz.de -- Kolumne Geht's noch?: Musik ist gefährlich
       
       > Eine junge Frau trommelte bei Protesten im Hambacher Forst. Sie wurde
       > festgenommen, kam in U-Haft – und wurde jetzt verurteilt.
       
   IMG Bild: Trommeln kann justiziabel sein?!
       
       Deutschland – Land der Künste, der Komponisten, Chöre und Orchester? Alles
       Legende. Musik ist gefährlich. Singen, Gitarre spielen, Trommeln schlagen:
       Zur falschen Zeit am falschen Ort musiziert, schon geht es für Monate in
       den Knast.
       
       Im Hambacher Forst, zwischen Aachen und Köln, wo Hunderte Menschen den
       RWE-Braunkohletaliban trotzen, sollen im März Böller auf Bundespolizisten
       geflogen sein. Eine junge Frau trommelte dazu. Sie wurde festgenommen,
       [1][kam in U-Haft], wo sie sich weigerte, ihre Personalien anzugeben. Sie
       bekam daher den Namen UPIII. UP für „Unbekannte Person“. Am Dienstag ist
       UPIII verurteilt worden.
       
       Wollte man den Straftatbestand einführen, hieße er wohl „Rhythmische
       Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“. Strafgesetzbuch Paragraf
       129a, irgendwo zwischen Köchelverzeichnis acab-Moll und Hass-Dur. Das
       Urteil des Amtsgerichts Kerpen: 9 Monate Freiheitsentzug ohne Bewährung.
       Klare Sache, Landfriedensbruch und Beihilfe zur versuchten gefährlichen
       Körperverletzung. Die Angeklagte habe selbst nichts geworfen, so ein
       Gerichtssprecher, aber die böllernden Aktivisten „trommelnd unterstützt“.
       Die Strafe sei schuldangemessen, solle zudem „generalpräventiven Charakter“
       haben, meinte Richter Peter Königsfeld. Nicht dass bald jemand ins Jagdhorn
       bläst oder mit der Triangel aufwiegelt. Der Name Königsfeld passt – fast.
       Königsberg hieß die Schießbudenfigur, die als Vorgesetzter Horst Schimanski
       das Leben schwer machte.
       
       Ebenfalls in dieser Woche waren Beamte erneut zum, wie es heißt,
       „Aufklärungseinsatz in den Forst gegangen“. Sie wurden von 15 Vermummten
       mit einem großformatigen Banner umkreist, um sie, so die Polizei, „am
       Verlassen des Waldes zu hindern“. Mit einem leibhaftigen Stück Stoff! Als
       Barrikade gegen hochgerüstete Einsatzkräfte. Womöglich hat jemand noch ein
       fröhlich aufwiegelnd Lied geträllert. Zwei Transparentterroristen wurden
       vorläufig festgenommen.
       
       Erstaunlicherweise ist im Strafgesetzbuch der Genderrepublik Deutschland,
       gerade im 129a, nur von „Hintermännern“ die Rede. Kann eine Frau als
       Hintermann getrommelt haben? Ob das ein Revisionsgrund ist, muss UPIIIs
       Anwalt klären. Bis dahin gehört das Schlusswort der Trommlerin: „Indem sie
       mich einsperren, versuchen sie, euch zu sagen, dass ihr aufhören sollt zu
       kämpfen. Ich möchte, dass ihr weiter vorwärtsgeht mit erhobenem
       Mittelfinger.“ Trommelwirbel.
       
       3 Aug 2018
       
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