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       # taz.de -- Nato-Gipfel in Brüssel: In der Nato geht die Angst um
       
       > Vor Beginn des Nato-Gipfels herrscht unter Diplomaten weiterhin Sorge vor
       > der Unberechenbarkeit des US-Präsidenten Donald Trump.
       
   IMG Bild: Stärke zeigen gegen Russland, aber Angst vor den USA: Nato-Manöver „Saber Strike“ in Litauen
       
       Auf dem Papier ist die Welt der Nato noch in Ordnung. Rechtzeitig [1][vor
       dem zweitägigen Gipfeltreffen], das am Mittwoch in Brüssel beginnt, haben
       sich die 29 Alliierten des Nordatlantikbündnisses auf die
       Abschlussdokumente geeinigt. Sie wollen die Zusammenarbeit mit der
       Europäischen Union ausbauen und die Verteidigungsausgaben, wie 2014 in
       Wales verabredet, weiter erhöhen. Auch Deutschland stockt sein Budget auf,
       um der Kritik von US-Präsident Donald Trump zu entgehen.
       
       „Die Europäer geben heute ein Vielfaches dessen für Verteidigung aus, was
       Russland ausgibt und genauso viel wie China“, betonte EU-Ratspräsident
       Donald Tusk am Dienstag in Brüssel. Er hoffe, dass Trump dies zu schätzen
       wisse und den Nato-Gipfel nicht platzen lasse – wie zuletzt das G7-Treffen
       in Kanada. „Es ist immer gut zu wissen, wer strategischer Freund und wer
       strategisches Problem ist“, betonte der EU-Chef.
       
       Doch trotz dieser Mahnung geht die Angst um im neuen, sündhaft teuren
       Hauptquartier der Nato. Schon kurz nach der feierlichen Eröffnung am
       Mittwoch könnte Trump, so die Sorge, das Treffen sprengen. Denn zu Beginn
       des Nato-Rats will Generalsekretär Jens Stoltenberg die Gipfel-Beschlüsse
       absegnen lassen. Trump könnte diesen kritischen Moment nutzen, um das –
       weitgehend auf US-amerikanische Wünsche zugeschnittene – Programm platzen
       zu lassen.
       
       Als riskant gilt aber auch die Zeit nach dem Brüsseler Stelldichein. Genau
       wie in Kanada könnte Trump die Ergebnisse nach seiner Abreise mit einem
       einzigen Tweet entwerten. Und dann ist da noch das Tête-à-tête mit dem
       russischen Präsidenten Wladimir Putin am kommenden Montag in Helsinki. Wie
       schon bei seiner Begegnung mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un
       könnte Trump alle sicherheitspolitischen Prinzipien über den Haufen werfen,
       fürchten EU- und Nato-Diplomaten.
       
       ## Böse Erinnerungen
       
       Zwar versucht Stoltenberg, [2][die Angst vor Trump] mit schönen Worten zu
       übertünchen. Beim Gipfeltreffen in Brüssel könnte Trump „den Nato-Ansatz
       gegenüber Russland mit den anderen 28 Alliierten diskutieren, bevor er mit
       Präsident Putin zusammenkommt“. In Helsinki könne er dann aus einer
       Position der Stärke mit dem Kreml-Chef reden, so Stoltenberg. Doch der
       US-Präsident hat offenbar ganz andere Pläne.
       
       Das Treffen mit Putin könne leichter werden als der Nato-Gipfel, ließ Trump
       vor seiner Abreise aus Washington wissen. Das weckt böse Erinnerungen. In
       Brüssel denkt man noch mit Schrecken an seinen ersten Besuch vor einem
       Jahr. Damals hielt Trump den Alliierten vor, dass sie den USA „riesige
       Summen von Geld“ schulden. Diesmal klingt es auf Twitter schon wieder ganz
       ähnlich. Die Alliierten würden „nicht fair mit den US-Steuerzahlern“
       umgehen. Außerdem würden die USA 151 Milliarden Dollar im Handel mit der EU
       verlieren.
       
       Das deutet darauf hin, dass der US-Präsident Streit sucht – mit der EU,
       aber auch mit Deutschland, das noch weit vom Nato-Ausgabenziel von zwei
       Prozent der Wirtschaftsleistung entfernt ist. Stoltenberg legte am Dienstag
       neue Zahlen vor, die sogar darauf hindeuten, dass Deutschland diesem Ziel
       nicht einmal näher kommt. Demnach wird das größte EU-Land im laufenden Jahr
       lediglich 1,24 Prozent für Verteidigung ausgeben – genauso viel wie im
       Vorjahr. Deswegen seien beim Nato-Gipfel „robuste Diskussionen“ zu
       erwarten, so Stoltenberg.
       
       Die Bundesregierung sieht das völlig anders. Seit 2017 seien die
       Verteidigungsausgaben bereits um 17 Prozent erhöht worden, heißt es in
       Berliner Regierungskreisen. Bis 2024 werde die Steigerung sogar 80 Prozent
       erreichen. Schon jetzt sei Deutschland zweitgrößter Beitragszahler der Nato
       und zweitgrößter Truppensteller bei Nato-Missionen.
       
       ## Der eigentliche Feind
       
       Allerdings will niemand einen Eklat zwischen Trump und Kanzlerin Angela
       Merkel ausschließen. Denn zuletzt hatte sich der US-Präsident regelrecht
       auf Merkel eingeschossen. „Weißt du, Angela, ich weiß nicht, wie viel
       Schutz wir bekommen, indem wir euch beschützen“, fragte Trump vor Anhängern
       im Bundesstaat Montana.
       
       Eins ist klar: Im Atlantischen Bündnis ist die Angst vor Trump derzeit
       deutlich größer als vor Putin. Dabei ist Russland doch der eigentliche
       Feind, auch wenn man ihn offiziell nicht so nennt.
       
       10 Jul 2018
       
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