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       # taz.de -- ARD- und ZDF-Moderation bei der WM: Von genial bis gruselig
       
       > Die Performance der ARD- und ZDF-ModeratorInnen bei der Fußball-WM ist
       > sehr unterschiedlich. Vor allem aber gibt es viel zu wenig Frauen.
       
   IMG Bild: Peinlicher Höhepunkt der WM-Berichterstattung: Kreml-Hopserin Palina Rojinski
       
       Mit Philipp Lahm auf dem Außensofa 
       
       Bei Wetten, dass ..? war die Schalte zum Außenreporter der Höhepunkt einer
       jeden Sendung. Sie signalisierte: Jetzt kommt eine Wette, die so groß ist,
       dass sie in keine Mehrzweckhalle mehr passt. Verglichen damit waren die
       Außenschalten der ARD während der WM, nun ja, eine Nummer kleiner. Vom
       Studio in Baden-Baden ging es, schwupps, aufs Gelände eines Yacht-Clubs am
       Tegernsee. Dort saß Philipp Lahm zusammen mit Jessy Wellmer auf
       loungeartigen Außensofas, im Hintergrund dümpelten Segelboote. Lahm sagte
       Sätze wie „Das hat der Hitz schon richtig analysiert“, dann ging es zurück
       ins Studio. Manchmal regnete es auch. Das passte stimmungsmäßig dann doch
       sehr gut zu Lahms Sinnieren über das deutsche WM-Ergebnis. (jp)
       
       Diese Olivers 
       
       Nicht nur bei Deutschland – Mexiko kam das Beste in der Halbzeit: Mit den
       Frotzelkönigen Welke & Kahn ist das ZDF endlich auf dem Niveau angekommen,
       das früher Delling & Netzer (ARD) hatten. Ein launiger Mix aus Information
       und Unterhaltung. Bisschen Titanen-Analyse, bisschen Bielefelder Häme.
       Genial: Welkes Hinweis auf die Seehofer-Seifenoper beim Achtelfinale
       Dänemark – Kroatien: „Willkommen zurück in Baden-Baden. Wir sind immer
       noch da. Herr Kahn hatte kurzfristig seinen Rücktritt angeboten, aber ich
       habe ihn nicht angenommen.“ Und sogar Qualitätsjournalismus beim
       Nachhack-Interview mit Oliver Bierhoff zu Özil und Erdogate. Chapeau,
       Mainzelmännchen! Da mäkelt auch niemand mehr über die ZDF-Frisuren. (ksc)
       
       Kompetent ohne Platzhirschgebaren 
       
       Es wäre viel zu einfach, lediglich festzustellen: Das Beste am
       ARD-WM-Experten Thomas Hitzlsperger ist, dass er nicht Mehmet Scholl ist.
       Hitzlsperger, der garantiert nicht allen im Publikum gefällt, weil mit ihm,
       einem offen schwulen Mann, gewisse sexistische Tonlagen nicht zu haben
       sind, ist frei von dieser unerträglichen männlichen Allüre,
       besserwisserisch zu zeigen, der tragisch unberufene Bundestrainer zu sein.
       „Hitz“ (Philipp Lahm) ist von bussibärigem Charme, ohne sein analytisches
       Vermögen allzu süßlich zu formulieren. Er attestierte deutschen Spielern
       schon früh unbefriedigende Leistungen, explizit. Er geizt auch nicht mit
       Widerspruch, Studiomoderator Alexander Bommes gegenüber. Wohltuend, dieser
       Durchblicker, der den Martialischen zu geben nicht nötig hat. (jaf)
       
       Im WM-Kwartira wird nicht überpiepst 
       
       Late Night Talk in Deutschland ist so eine Sache. Einst hieß es, Harald
       Schmidt hätte das uramerikanische Format kongenial fürs deutsche Fernsehen
       übersetzt. Aber seine Polenwitze waren schwer zu verstehen. Angesichts der
       schwierigen Aufgabe, ein Format, das Humor, Schlagfertigkeit, Selbstironie
       und Lässigkeit verlangt, ins Werk zu setzen, ist das WM-Kwartira gut
       gelungen. Host Jörg Thadeusz thront wie ein hochrangiger KGB-Offizier
       hinter einem hobbykellerartig vertäfeltem Ding mit rotem Stern, während
       sein jugendlich wirkender Sidekick Micky Beisenherz mit den Gästen auf
       einem Sofa lümmelt. Und es gibt Einspieler wie „Russian Fake News“. Ein
       Gast wie Oliver Polak darf ganz un-öffentlich-rechtlich gegen Lothar
       Matthäus wettern und zu Lewis Holtby sagen: „Du meintest, wenn England
       weiterkommt, blas ich dir einen.“ Und es wird nicht überpiepst – das haben
       die Deutschen den Amis sogar voraus. (gut)
       
       Elfmeterschießen ist auch Glückssache 
       
       Wozu ist eigentlich Kevin Kurányi gut? Die ARD setzt ihn bei diesem Turnier
       in der Mixed Zone ein. Dort steht er neben Reporter und interviewtem
       Spieler, aber ohne Funktion. Na gut, manchmal macht er den Dolmetscher: Für
       den Kolumbianer James Rodríguez übersetzte er zum Beispiel die deutsche
       Frage des Reporters ins Spanische. Hinterher vergaß er aber, die spanische
       Antwort wieder zurück ins Deutsche zu übersetzen, was die Angelegenheit ein
       klitzekleines bisschen witzlos machte. In Interviews mit deutschsprechenden
       Spielern wie Ivan Rakitić ist Kurányi noch nutzloser, streut aber
       Lebensweisheiten ein („Elfmeterschießen ist immer auch Glückssache“, nur
       zum Beispiel). Sehen wir es positiv: Die ARD nimmt den Leistungsdruck raus.
       Und: Man muss nicht immer liefern, um dabei zu sein. (ts)
       
       Die Kreml-Hopserin 
       
       Sportjournalismus ist Männersache. Frauen sind Beiwerk. Ins Sportstudio
       dürfen sie gar nicht. ARD-Außenreporterin Palina Rojinski ist da keine
       Ausnahme. In Miniclips zeigt sie „Land und Leute“: Rojinski ist dazu
       verdammt, durch den Kreml zu hopsen, Knoblauch zu ernten oder die Decke der
       Metro zu bestaunen. Mit aufgerissenen Augen und gehauchten: „Wow, ist die
       schön, die Station!“ Ob das auch ein ARD-Mann gesagt hätte? Ein Lichtblick
       scheint das Interview mit einer mexikanischen Sportmoderatorin. Ein Narr,
       wer denkt, das Gespräch mit einer Fußballexpertin könnte von Fußball
       handeln. Ausgiebig geht es um russisches Essen, am Ende gratulieren sich
       beide zur jeweiligen Schönheit. Wow! (akl)
       
       14 Jul 2018
       
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