URI: 
       # taz.de -- Strom aus Müll und Sonne: Barcelona wird zum Selbstversorger
       
       > Barcelona macht sich unabhängig von großen Konzernen und setzt auf Strom
       > aus Müll und Sonne. Trotzdem gibt es Protest von Umweltschützern.
       
   IMG Bild: Sonnenschein in Barcelona sorgt für Solarenergie
       
       Madrid taz | Spaniens zweitgrößte Stadt Barcelona macht sich selbstständig.
       Denn: Die Behörden der katalanischen Metropole verbrauchen seit
       Monatsbeginn nur noch selbstproduzierten Strom, statt wie bisher beim
       Großversorger Endesa einzukaufen. Damit spart die Stadtverwaltung unter
       Bürgermeisterin Ada Colau, der einstigen Aktivistin gegen die Zwangsräumung
       von Wohnungen, jährlich 710.000 Euro. Im kommenden Jahr sollen 20.000
       Haushalte die Möglichkeit bekommen, ebenfalls zur stadteigenen Barcelona
       Energía zu wechseln.
       
       Das betrifft nicht nur Bewohner Barcelonas, sondern auch die von 36
       Gemeinden im Umland. Nach und nach sollen dann weitere Verträge
       hinzukommen. Doch dazu braucht es eine Gesetzesänderung. Bisher dürfen nur
       20 Prozent des Marktes von einer kommunalen Einrichtung bedient werden.
       Colau hofft, dass die neue spanische Regierung in Madrid unter dem
       Sozialisten Pedro Sánchez diese Quote schon bald streichen wird. Außerdem
       möchte sie die Produktion für den Eigenbedarf fördern. Colau steht der
       katalanischen Hauptstadt seit 2015 vor. Ihre Bürgerliste Barcelona en Comú
       (Barcelona gemeinsam) gewann damals die Stadtratswahlen.
       
       Endesa, einer der drei großen Energieversorger des Landes, verliert damit
       einen Vertrag über jährlich 34 Millionen Euro. Das Unternehmen gehört zu 70
       Prozent dem italienischen Marktführer Enel.
       
       Städte wie Madrid, Pamplona oder Cádiz, die ebenfalls von Bürgerbündnissen
       regiert werden, wollen sich Barcelona zum Vorbild nehmen. Madrid hat
       bereits einen Vertrag mit einem Stromversorger unterzeichnet, der nur Strom
       aus erneuerbaren Quellen liefert.
       
       ## Proteste gegen Energie aus Müllverbrennung
       
       „Die eigene, öffentliche Vertriebsgesellschaft will den Übergang zur
       völligen Energiesouveränität der Stadt erreichen und auf erneuerbare
       Produktion setzten“, heißt es bei der Stadtverwaltung von Barcelona. Die
       bisher vertriebenen 200 Gigawattstunden stammen aus 41 Solarparks auf
       Dächern öffentlicher Gebäude, aus der Biogasanlage einer Mülldeponie sowie
       aus der Müllverbrennung. Insgesamt werden damit 3.900 städtische
       Einrichtungen versorgt. Außerdem wurden Straßenbeleuchtung und Ampelanlagen
       auf Solarstrom umgestellt.
       
       Nicht alle sind mit Colaus Barcelona Energía zufrieden. 30
       Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen protestieren gegen das
       Energieunternehmen. Ihnen gilt es als „Mogelpackung“. Denn 90 Prozent des
       Stroms stammen aus der Müllverbrennungsanlage in Sant Adría de Besòs. Seit
       Jahren protestieren Anwohner gegen die Anlage.
       
       Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der hohen Luftbelastung rund um die
       Müllverbrennung. „Barcelona Energía ist ein Betrug, ein Trick, um ein Jahr
       vor den Wahlen einen Erfolg vorzuweisen“, sagte die Sprecherin der
       Initiative AireNet Silvina Frucella vor Journalisten. Noch sei Zeit für
       „eine Kurskorrektur, ohne Barcelona Energía aufzulösen“. AireNet und andere
       Organisationen im Bündnis fordern Colau auf, Strom aus erneuerbaren Quellen
       zu kaufen.
       
       11 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Spanien
   DIR Solarenergie
   DIR Barcelona
   DIR Stromversorger
   DIR Stromanbieter
   DIR Müll
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR ÖPNV
   DIR Energiewende
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Umweltbundesamt zu Müll in Deutschland: EU-weit größter Verpackungssünder
       
       Kein anderer EU-Mitgliedstaat produziert pro Kopf so viel Verpackungsmüll
       wie Deutschland. Außerdem wird beim Recycling ein wichtiger Rohstoff
       komplett übergangen.
       
   DIR Aktion für mehr Nachhaltigkeit: Friesland testet Mobilität ohne Fossile
       
       Umstieg auf nachhaltige Fortbewegung: Mit „Friesland fossilfrei“ probierte
       eine niederländische Provinz den Abschied von Gas und Öl.
       
   DIR Öffentlicher Nahverkehr für alle: Augsburg probt die Gratis-Tram
       
       An acht Haltestellen der Stadt können öffentliche Verkehrsmittel bald
       kostenlos genutzt werden. Die Idee findet nicht überall Anklang.
       
   DIR Steckdosen-Kraftwerk blockiert: Hamburg bremst Energiewende aus
       
       Das kürzlich rekommunalisierte Stromnetz Hamburg sperrt sich dagegen,
       kleine Solaranlagen per Schuko-Stecker ans Hausnetz anschließen zu lassen.
       
   DIR Energieproduktion im Vergleich: Erneuerbare können konkurrieren
       
       Windräder produzieren Strom billiger als manche konventionelle Kraftwerke.
       Die Kosten der erneuerbaren Energien sind gefallen.