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       # taz.de -- Krise in Kamerun: Am Rande des Abgrunds
       
       > Separatisten, Islamisten, ein unbewegliches Regime: Kamerun zittert. Im
       > Oktober will sich der 85-jährige Präsident wiederwählen lassen.
       
   IMG Bild: Seit 1982 im Amt: Kameruns Präsident Paul Biya
       
       YAOUNDÉ taz | Der Konflikt zwischen Staat und Separatisten im anglophonen
       Teil Kameruns ist eine große Herausforderung für das Land vor den
       anstehenden Wahlen. Am 7. Oktober soll ein neuer Präsident gewählt werden,
       und am Freitag vergangener Woche kündigte Präsident Paul Biya, der das Land
       seit 1982 regiert, seine Kandidatur für eine siebte gewählte Amtszeit an.
       
       Die Festlegung des Wahltermins beendet Spekulationen, die seit Juli um sich
       griffen, als das Parlament die Parlamentswahlen auf Oktober 2019 verschob.
       Doch die Präsidentschaftswahl findet jetzt vor einem düsteren Hintergrund
       eskalierender Gewalt statt.
       
       Laut Menschenrechtsgruppen sind mindestens 120 Zivilisten und 43 Angehörige
       der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen, seit am 1. Oktober 2017
       anglophone Aktivisten im Südwesten Kameruns eine unabhängige „Republk
       Ambazonien“ ausriefen und danach die Regierung mit eiserner Hand gegen
       mutmaßliche Aufständische vorging. Menschenrechtsgruppen werfen der Armee
       vor, dabei auch zivile Aktivisten und Studenten zu töten.
       
       Dazu kommen Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen im Norden
       Kameruns, wo die Armee gegen die islamistische Rebellengruppe Boko Haram
       aus Nigeria kämpft. Hier sollen Frauen und Kinder als mutmaßliche
       Boko-Haram-Kämpfer hingerichtet worden sein, wie ein in sozialen Netzwerken
       zirkulierender Videofilm dokumentiert.
       
       Der Analyst Adamo Nzie sieht das 24 Millionen Einwohner zählende Land jetzt
       am Rand des Abgrunds. „Die Krise in Kamerun ist eine derjenigen auf der
       Welt, über die am wenigsten berichtet wird. Sie wird die Welt überraschen,
       wenn der Wahlkampf und das Wahlergebnis in den offenen Konflikt führen“,
       sagt er. Die anglophonen Provinzen seien sehr angespannt, und eine massive
       Wahlbeteiligung gegen Biya sei dort ebenso möglich wie Apathie und
       Nichtteilnahme an den Wahlen. „In beiden Fällen hat Biya in den
       Konfliktgebieten keine Chance.“
       
       Französischprofessorin Phyllis Taoua sagt, am wichtigsten für Kamerun sei
       jetzt, die Gründe für die Krise zu verstehen, einen nationalen Dialog mit
       allen Beteiligten zu organisieren „und sicherzustellen, dass die Wahlen
       2018 frei und fair für alle sind“.Der 85-jährige Paul Biya begründete seine
       Kandidatur für eine weitere Amtszeit damit, dass er sich „der
       Herausforderungen bewusst“ sei. „Ich gehe auf euren dringenden Ruf ein und
       werde euer Kandidat in der nächsten Präsidentschaftswahl sein.“
       
       21 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rosy Sadou
       
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