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       # taz.de -- Kommentar Nationalgesetz in Israel: Panik im Judenstaat
       
       > Das neue Gesetz zielt auf eine Trennung von Arabern und Juden. Dabei
       > müsste das genaue Gegenteil Ziel des Staates sein: mehr Miteinander.
       
   IMG Bild: Wie jüdisch – und wie demokratisch – will Israel in Zukunft sein?
       
       Im Staat Israel ist es um das jüdische Selbstbewußtsein nicht gut bestellt.
       Zwar prangt auf der nationalen Flagge ein Davidstern, und zum Abschluss
       staatlicher Zeremonien singt man die Hatikwa, die Hymne, die von der
       Hoffnung des jüdischen Volkes und von Zion erzählt. In öffentlichen
       Gebäuden wird strikt auf die [1][koschere] Trennung von Fleischigem und
       Milchigem geachtet, und am heiligen Sabbat stoppen Busse und Züge.
       
       Nichtsdestotrotz macht sich Panik breit im Land. Der jüdische Charakter
       scheint vielen so sehr bedroht, dass es gar [2][ein neues Grundgesetz]
       braucht. Arabisch wird fortan nicht mehr Landessprache sein. David
       Ben-Gurion muss sich in seinem Grabe winden. Für den ersten Regierungschef
       Israels war die Gleichberechtigung aller Bürger zentraler Pfeiler des
       jungen Staates. Das neue Grundgesetz zielt auch auf eine Trennung von
       Arabern und Juden. Die kulturellen Unterschiede lassen schon heute
       religiöse Gruppierungen auf Abstand zueinander gehen. Auch arabische Väter
       zögern bisweilen, ihre Töchter auf jüdische Schulen zu schicken.
       
       Doch von staatlicher Seite sollte hingegen genau umgekehrt ein verstärktes
       Miteinander der Bevölkerungsgruppen Ziel sein. Ohne eine Vermischung werden
       sozioökonomische Kluften bleiben und der Zorn der benachteiligten
       arabischen Minderheit auf das jüdische Establishment wachsen. Kaum 20
       Prozent der Gesamtbevölkerung umfasst die arabische Minderheit in Israel.
       Dass sie den Judenstaat in seiner Identität bedrohen soll, ergibt keinen
       Sinn. Die Herabstufung der Nichtjuden auf der Hierarchie der Bürger schafft
       völlig unnötig böses Blut.
       
       Und Gefahr für die Jüdischkeit Israels entsteht vielmehr durch den Mangel
       an [3][jeglicher Friedenspolitik]. Jerusalems Regierung hat schon lange
       Abschied genommen [4][von der Zweistaatenlösung], und Teile der Koalition
       drängen offen zur Annexion des besetzten Westjordanlandes. Schon jetzt
       halten sich Araber und Juden, die zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer
       leben, zahlenmäßig die Waage. Eine Einstaatenlösung würde auf kurz oder
       lang das Ende der jüdischen Mehrheit bedeuten. Jüdisch oder demokratisch
       ist dann die Frage, vor der die Regierung Israels gestellt sein wird. Das
       neue Grundgesetz zeigt, wohin die Reise geht.
       
       19 Jul 2018
       
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