URI: 
       # taz.de -- Recycling von Ökostrom-Anlagen: Neuer Wind mit alten Rädern
       
       > Weil die Förderung ausläuft, boomt der Handel mit gebrauchten
       > Windkraftanlagen. Nicht alle Hersteller sind von diesen Geschäften
       > begeistert.
       
   IMG Bild: Die Pioniere der Energiewende gehen vom Feld – momentan werden viele alte Windräder abgebaut
       
       Berlin taz | Als Windkraftpioniere zur Jahrtausendwende in Deutschland zum
       ersten Mal in größerem Umfang Anlagen aufstellten, waren viele
       Beobachter*innen skeptisch, ob sich diese Form der Energiegewinnung
       überhaupt durchsetzen würde. Kaum jemand dachte darüber nach, was einmal
       mit den ausrangierten Anlagen geschehen würde.
       
       Doch diese Frage wird immer wichtiger. Denn die ersten Windkraftanlagen aus
       den Nullerjahren gehen jetzt vom Netz. Ende 2020 werden es besonders viele
       sein. Denn dann laufen die ersten festen Einspeisevergütungen der 1.495
       Anlagen aus, die vor dem 1. April 2000 gebaut wurden.
       Windanlagenbetreiber*innen bekommen nach den damals eingeführten Tarifen
       etwa 17,8 Cent für jede Kilowattstunde Strom, die sie ins örtliche Netz
       einspeisen. Die aktuelle Einspeisevergütung für Neuanlagen liegt nur noch
       bei etwa 5 Cent pro Kilowattstunde.
       
       Wenn die Anlagen aus der opulenten Förderung herausfallen, werden viele
       nicht mehr kostendeckend Strom produzieren können. Vor diesem Hintergrund
       hat sich in den vergangenen Jahren ein Markt für gebrauchte
       Windkraftanlagen entwickelt.
       
       Es ist ein Markt, der offenbar noch recht unbekannt ist. „Viele Betreiber
       wissen nicht um die Chance zum Zweitverkauf von Windrädern“, sagt Bernd
       Weidmann, Geschäftsführer von wind-turbine.com, einer Handelsplattform für
       gebrauchte Windkraftanlagen. Weidmann hat das Portal 2011 aufgebaut. Der
       Weiterverkauf macht seinen Angaben zufolge etwa 5 Prozent des weltweiten
       Marktes für Windräder aus – Tendenz steigend.
       
       ## Beitreiber*innen kleiner Anlagen profitieren
       
       Über Weidmanns Plattform laufen jedes Jahr etwa 6.000 Angebote, davon mehr
       als die Hälfte aus Deutschland. Der Weiterverkauf lohnt sich vor allem für
       Betreiber*innen kleiner Anlagen. Denn die Alternative ist, die Anlagen
       selbst zu entsorgen. Doch der Abbau und die Verwertung sind teuer und
       aufwendig. Beim Zweithandel übernehmen dagegen die Käufer*innen alle
       anfallenden Arbeiten.
       
       Der Zweitmarkt für Windkraftanlagen ist auch ein Gradmesser für den
       weltweiten Aufbau erneuerbarer Energien. Die meisten Gesuche vermeldet
       [1][wind-turbine.com] aus Russland, Weißrussland und der Ukraine. Andere
       Käufer*innen kommen aus Mittel- und Südamerika und afrikanischen Ländern
       wie Uganda. Zusammen bilden die genannten Absatzmärkte 90 Prozent der
       Nachfrage.
       
       ## Zweitverkauf als Chance
       
       In vielen dieser Regionen sind für Kleinabnehmer*innen nicht genügend
       Neuanlagen auf dem Markt. Gebrauchte Windräder sind dagegen günstiger,
       technisch einfacher zu warten und an lokale Netze anschließbar. Einige
       Anlagenhersteller sehen den Zweitverkauf als Chance. Die Firma [2][Vestas],
       deren Anlagen den Gebrauchtmarkt dominieren, mischt kräftig bei der
       Weiterverwertung mit. Beim Austausch der Windräder – dem Repowering –
       stellt das Unternehmen Kontakte zu Käufer*innen für die gebrauchten Anlagen
       her.
       
       Andere Firmen, die sich nicht in der Weiterverwertung engagieren, wehren
       sich jedoch gegen die Zweitnutzung: „Wir sind bestrebt, dass man Anlagen
       nicht so einfach weiter verkauft“, sagte eine Unternehmenssprecherin des
       Anlagenherstellers [3][Enercon] der taz. Die Firma wolle ihre Anlagen „mit
       Servicevertrag und Gewährleistung verkaufen“. Die Windräder würden der
       Firma nach dem Zweitverkauf nicht mehr zugänglich sein und im schlimmsten
       Fall am neuen Standort zum Umweltrisiko werden.
       
       Klaus Övermöhle, Unternehmensberater für die Zweitverwertung von
       Windkraftanlagen, sieht den Weiterverkauf in diesem Punkt ebenfalls
       kritisch: „Länder wie Rumänien und Bulgarien sollten nicht der Schrottplatz
       Europas werden.“ Die Anlagen würden am Ende ihrer Nutzung oft verfallen und
       nicht ordnungsgemäß entsorgt. Insgesamt sei der Markt für gebrauchte
       Windräder aber ökologisch und ökonomisch sinnvoll. „Altanlagen produzieren
       an windgünstigen Standorten im Ausland umweltfreundlichen Strom“, so
       Övermöhle. Zudem brächten sie Strom an Orte, an denen sonst keiner
       verfügbar sei.
       
       23 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://wind-turbine.com/
   DIR [2] /!665730/
   DIR [3] /!t5020539/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leonardo Pape
       
       ## TAGS
       
   DIR Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
   DIR Erneuerbare Energien
   DIR Windkraft
   DIR Ökostrom
   DIR Windräder
   DIR Windkraft
   DIR Energiespeicher
   DIR Energiewende
   DIR Ökostrom
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Boom der Windkraftindustrie ist zu Ende: Abwärts mit dem Luftstrom
       
       Nach jahrelanger Hochkonjunktur geht der Umsatz der Windkraftindustrie
       zurück. Tausende Jobs wurden schon gestrichen, weitere sind in Gefahr.
       
   DIR Streit ums Erneuerbare-Energien-Gesetz: Grüne machen Wind für Förderung
       
       Die Große Koalition verkämpft sich bei der Förderung der Erneuerbaren
       Energien. Der Bundestag verhandelt jetzt einen Gesetzentwurf der Grünen.
       
   DIR Rohstoffe für Erneuerbare: Windräder und Solar nicht nur öko
       
       Windräder und Solaranlagen gelten als sauber. Nun legt eine Studie
       Menschenrechtsverletzungen und Naturzerstörung in Lieferketten nahe.
       
   DIR Naturstrom-Chef Oliver Hummel: „Für viele ist die Energiewende durch“
       
       Den Akteuren auf dem Ökostrom-Markt wird es nicht leicht gemacht, sagt
       Vertriebsvorstand Oliver Hummel von der Naturstrom AG.