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       # taz.de -- Abschiebung von Sami A.: Rückholung oder 10.000 Euro Strafe
       
       > Tunesien will Sami A. nicht an Deutschland rücküberstellen. Das
       > Verwaltungsgericht droht der Ausländerbehörde mit einer saftigen
       > Geldstrafe.
       
   IMG Bild: Innenminister Stamp (FDP) muss liefern: Die SPD hat ihm einen Brief mit vielen Fragen geschickt
       
       Tunis/Düsseldorf rtr/dpa | Tunesien will den [1][unrechtmäßig aus
       Deutschland abgeschobenen] mutmaßlichen früheren Bin-Laden-Leibwächter Sami
       A. nicht an Deutschland zurück überstellen. Als Grund nannte ein Vertreter
       der tunesischen Justiz am Dienstag, dass Sami A. womöglich eine Anklage
       wegen Terrorismus in seinem Heimatland bevorstehe. Gegen den Beschuldigten
       werde, wenn es zu einer solchen Anklage komme, in Tunesien verhandelt,
       sagte Sofian Sliti, der Sprecher der Anti-Terror-Justizbehörde, der
       Nachrichtenagentur Reuters. „Es gibt keine Möglichkeit, ihn in irgendein
       anderes Land abzuschieben“, ergänzte er. Dafür gebe es keine Grundlage.
       
       Vorwürfe von Sami A. in einem Interview der Bild, dass er in Tunesien mit
       Folter rechnen müsse, wies Sliti zurück. „Wir bestätigen, dass das nicht
       geschehen wird“, erklärte er. „Wir bestätigen, dass die Rechtssprechung
       unabhängig ist und dass solche Praktiken nicht erlaubt sind“. Und mit Blick
       auf den Inhaftierten machte Sliti die Position klar: „Er ist ein Bürger
       dieses Landes mit allen Rechten in einem fairen Prozess“.
       
       Sami A. war vor gut einer Woche von Düsseldorf aus in sein Heimatland
       ausgeflogen worden. Allerdings hatte am Vorabend das Verwaltungsgericht
       Gelsenkirchen entschieden, dass er nicht abgeschoben werden dürfe, weil ihm
       in Tunesien Folter drohe. Der Beschluss ging aber erst beim Bundesamt für
       Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den anderen Behörden ein, als sich
       Sami A. bereits auf dem Weg nach Tunesien befand. Das Gericht beklagt, es
       sei von den Behörden über den Termin im Unklaren gelassen worden. Es hat
       die Rückholung des Mannes angeordnet, dagegen wurde beim OVG Münster
       Beschwerde eingereicht.
       
       Das Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen droht der Ausländerbehörde der Stadt
       Bochum nun mit einem Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro, falls Sami A.
       nicht bis zum 31. Juli 2018 zurückgeholt würde. Die auf dem
       [2][Justizportal Nordrhein-Westfalen veröffentlichte Pressemitteilung]
       enthält dazu folgende Erklärung: „Bei ihrer Entscheidung stellte die Kammer
       maßgeblich darauf ab, dass die Ausländerbehörde in den zurückliegenden 10
       Tagen nach eigenen Angaben nichts Substantielles unternommen hat, um eine
       Rückführung des abgeschobenen Tunesiers in die Bundesrepublik Deutschland
       zu bewirken.“
       
       ## SPD im Landtag will Rückkehr verhindern
       
       Weiter heißt es, dass bislang mit Hilfe des Auswärtigen Amtes lediglich
       Anfragen zum aktuellen Aufenthaltsort und zur aktuellen Situation des
       Antragstellers an die tunesischen Behörden gestellt worden seien und dass
       diese Maßnahmen nicht ausreichten.
       
       Die SPD-Opposition im Landtag will eine Rückkehr des als Gefährder
       eingestuften Tunesiers verhindern. Die Vize-Fraktionsvorsitzende Lisa
       Kapteinat hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag gebeten,
       sich um eine diplomatische Zusicherung Tunesiens zu bemühen, dass Sami A.
       in seiner Heimat menschenrechtskonform behandelt werde.
       
       Die CDU/FDP-Landesregierung habe sich mit der eiligen Abschiebung auf einen
       „rechtlich sehr zweifelhaften Weg“ begeben, schrieb Kapteinat in einem
       Brief an Maas. Gleichwohl würde es auch die SPD begrüßen, wenn Sami A.
       „nicht mit erheblichem Kostenaufwand“ nach Deutschland zurückgeholt werden
       müsse, nur weil Tunesien sich weigere, die diplomatische Zusicherung zu
       geben.
       
       Die SPD hat weitere Fragen an die Landesregierung. So will die Opposition
       in einem Brief an Innenminister Stamp wissen, wann der Minister erstmals
       Kenntnis davon hatte, dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen an einem
       Eilbeschluss zur Abschiebung von Sami A. arbeitete. In dem Fall hätte Stamp
       wissen müssen, dass es jederzeit eine Entscheidung auch gegen eine
       Abschiebung hätte geben können, sagte Kapteinat.
       
       ## Sieben Gefährder sind in NRW zur Zeit ausreisepflichtig
       
       Unklar sei auch, warum das Gelsenkirchener Gericht nicht über den vom
       Ministerium in Abstimmung mit der Bundespolizei gebuchten Abschiebeflug am
       13. Juli informiert worden war. Relevante Informationen dürften bei einem
       bevorstehenden Gerichtsbeschluss nicht vorenthalten werden.
       
       In NRW sind derzeit sieben ausländische Gefährder „vollziehbar
       ausreisepflichtig“, wie aus einer Antwort von Innenminister Herbert Reul
       (CDU) auf eine Grünen-Anfrage hervorgeht. Die tatsächliche Rückführung sei
       aber von der Kooperationsbereitschaft der Herkunftsstaaten abhängig,
       betonte Reul.
       
       Mit ihrer Antwort räume die Landesregierung „erfrischend ehrlich“ ein, dass
       die von ihr geplante Ausweitung des Polizeigewahrsams für Gefährder auf bis
       zu einen Monat überhaupt keinen Mehrwert für die innere Sicherheit bringe,
       kommentierte die Grünen-Landtagsabgeordnete Verena Schäffer. „Die bisherige
       Argumentation, man könne Gefährder in diesem einen Monat abschieben, fällt
       wie ein Kartenhaus zusammen.“
       
       Die Verlängerung des Polizeigewahrsams bei der anstehenden Änderung des
       Polizeigesetzes sei „nicht nur verfassungsrechtlich hoch bedenklich,
       sondern substanzlose Showpolitik“.
       
       25 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
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