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       # taz.de -- Vorfall bei Kreuzfahrt nach Spitzbergen: Eisbär wehrt sich – und muss sterben
       
       > Ein Crewmitglied eines Kreuzfahrtschiffs tötet einen Eisbären – aus
       > Selbstverteidigung. Doch verteidigt hat sich vor allem der Bär.
       
   IMG Bild: Der erschossene Eisbär in der Arktis
       
       Ein getöteter Eisbär [1][bewegt die sozialen Medien], aber vor allem heizt
       er die Kritik am boomenden Kreuzfahrttourismus an. „Wie weit soll der
       Wahnsinn der Kreuzfahrtindustrie noch gehen?“, [2][titelt die faz].
       
       Ein Mitglied der Crew des Kreuzfahrtschiffs „MS Bremen“ hat in dem zu
       Norwegen gehörenden Svalbard-Archipel in der Arktis einen Eisbären
       erschossen. Ein Akt der Selbstverteidigung, ließ Hapag-Lloyd-Cruises
       verlauten. Das Tier hatte am Samstag in Svalbard auf Spitzbergen einen
       Mitarbeiter des Veranstalters Hapag-Lloyd-Cruises angegriffen und am Kopf
       verletzt.
       
       Der Angriff des Eisbären ist das „Tourist Go Home“ der Natur. Er ist die
       Rache an übergriffigen Touristen, die noch in die letzten Naturreservate
       eindringen und den [3][Lebensraum des Eisbären,] der auch ohne sie dahin
       schmilzt, weiter bedrohen.
       
       „Erleben Sie ein unvergessliches Abenteuer am Ende der Welt – eine
       Arktis-Reise lädt Sie zum Staunen ein“, heißt es in einem Werbetext des
       Kreuzfahrt-Veranstalters. „Gewaltige Gletscher, majestätische Eisberge und
       aufregende Tierbeobachtungen aus nächster Nähe erwarten Sie in diesem
       ungewöhnlichen Lebensraum.“ Atemberaubende Erlebnisse verspricht Hapag
       Lloyd auf ihrer Kreuzfahrt – und das gilt für die Arktis wahrscheinlich
       genau wie für die Antarktis.
       
       ## Sensationslust und Massentourismus
       
       Und dafür zahlen Kreuzfahrt-Passagiere tausende Euro. Eine zehntägige Reise
       mit der „MS Bremen“, die 160 Passagiere mitnehmen kann, startet bei knapp
       6.000 Euro. Die Behörden der Region warnen indes regelmäßig vor der Gefahr,
       die von Eisbären ausgeht. In den vergangenen vier Jahrzehnten wurden auf
       Svalbard fünf tödliche Attacken von Eisbären registriert. Der letzte
       derartige Angriff ereignete sich 2011, als ein Bär einen 17-jährigen Briten
       tötete und vier weitere Mitglieder einer Expedition verletzte, bevor er
       erschossen wurde.
       
       Hapag-Lloyd Cruises erklärte, die Erlaubnis zum Landgang in Spitzbergen
       habe seitens der örtlichen Behörden vorgelegen. In Svalbard leben die
       Eisbären in freier Wildbahn. Das etwa tausend Kilometer vom Nordpol
       entfernte Archipel von der zweifachen Größe Belgiens zählt laut einer
       Erhebung von 2015 rund tausend Eisbären. Diese stehen seit 1973 unter
       Schutz.
       
       Eine Sensation für abenteurlustige Kreuzfahrer. „Mit unseren
       Expeditionsschiffen und unserer erfahrenen Crew werden Sie in der Antarktis
       Welten entdecken, die vielen anderen Schiffen verborgen bleiben“, wirbt
       Hapag-Lloyd für die Reisen. „Dazu wird Ihre Abenteuerlust durch zahlreiche
       Anlandungen mit unseren expeditionstauglichen Zodiacs gestillt, die Sie
       sicher durch den glitzernden sechsten Kontinent führen.“
       
       ## Boomendes Erfolgskonzept
       
       Stille? Das war einmal. 117 Jahre ist die Kreuzfahrt inzwischen alt. Und
       sie ist eine deutsche Erfindung. Ihr Schöpfer war Albert Ballin, Direktor
       der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft, kurz Hapag.
       Weil die Passagierdampfschiffe, die im Linienverkehr die Transatlantikroute
       zwischen Europa und Nordamerika befuhren, im Winter kaum ausgelastet waren,
       kam Ballin auf die bahnbrechende Idee, das Hapag-Flaggschiff, die erst zwei
       Jahre alte „Auguste Victoria“, für eine exklusive „Bildungs- und
       Vergnügungsreise“ einzusetzen.
       
       Ein Erfolgskonzept. 2017 waren so viele Deutsche wie noch nie auf einem
       Schiff unterwegs. 2,19 Millionen Deutsche kreuzten demnach im vergangenen
       Jahr. Das Wachstum hält an. Naturschutzverbände kritisieren schädliche
       Abgase, schmutzige Abwässer und giftiges Schweröl auf hoher See. Aber auch
       die Bewohner von Barcelona, Dubrovnik oder Venedig rebellieren längst gegen
       die in Schockwellen einfallenden Kreuzfahrttouristen, die nur wenig Geld
       zurücklassen. Der Eisbär wehrt sich auf seine Art.
       
       30 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/hashtag/eisb%C3%A4r?lang=de
   DIR [2] http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/eisbaer-erschossen-der-wahnsinn-der-kreuzfahrtindustrie-15714576.html
   DIR [3] /Auf-Eisbaerentour-in-der-Arktis/!5460697
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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