# taz.de -- Kommentar Air-Berlin-Pleite: Geschacher in Hinterzimmern
> Vor einem Jahr ging die zweitgrößte deutsche Fluglinie pleite. Die
> Beschäftigten waren die einzigen, die in den Verhandlungen nicht mitreden
> durften.
IMG Bild: Irgendwann arbeiteten nur noch Insolvenzverwalter in den Büros von Air Berlin
BERLIN taz | Nachdem die Führung der Fluggesellschaft Air Berlin am 15.
August 2017 das Insolvenzverfahren beantragt hatte, schälte sich rasch eine
These heraus: Lufthansa-Chef Carsten Spohr soll seinen Vertrauten Thomas
Winkelmann im ramponierten Air-Berlin-Rumpf platziert haben, um sich bei
einer Insolvenz die größten Stücke vom Kuchen herauszuschneiden. Ein dicker
Kuchen sollte das werden, mit Maschinen, Start- und Landerechten als
Sahnehäubchen. Mittlerweile hat der Spiegel herausgefunden, dass Spohr bis
zuletzt versucht haben soll, die Nummer zwei der deutschen Luftfahrt zu
retten. Weil er, nicht minder selbstbezogen, fürchtete, ein sofortige
Bruchlandung könnte die Konkurrenten Ryanair und Easyjet begünstigen.
Welche These auch immer stimmen mag, beide eint etwas Aufwühlendes:
Hauptdarsteller der vierseitigen Spiegel-Rekonstruktion scheinen Manager,
Politiker, Scheichs und die Bundesregierung zu sein. Für die Mitarbeitenden
reichte es kaum zu Statistenrollen. Bei allen Gesprächen vor der Pleite
waren weder Vertreter*innen der Arbeitnehmerseite dabei noch Betriebsräte
und Gewerkschaftler*innen.
Als Thomas Winkelmann im August erstmals jemanden der Pilotenvereinigung
Cockpit traf, um ironischerweise über Gehaltskürzungen zu sprechen, war es
bereits zu spät. Die Verhandlungen fanden in Hinterzimmern statt, an so
irrwitzigen Orten wie einem Separee des Zürcher Luxushotels Baur au Lac
oder in Abu Dhabi. In das Emirat waren Spohr und Kanzlerin Merkel noch im
Mai 2017 aufgebrochen, um mit dem bisherigen Geldgeber vom Persischen Golf
zu beraten.
Auf Augenhöhe wurden die Air-Berlin-Mitarbeiter*innen nie behandelt. Zwar
bekamen viele von ihnen einen neuen Job, aber fast alle schlechtere. Auf
langjährige Stellen mussten sie sich neu bewerben, die Gehälter sind
geringer als vorher. Dazu wurden sie monatelang im Unklaren gelassen,
behandelt wie lästige Wespen, die es von der Sahnetorte zu verscheuchen
gilt. Hinterzimmergeschäfte zwischen Wirtschaft und Politik wie dieses sind
gefährlich. Sie tragen dazu bei, das Vertrauen in die Demokratie zu
verspielen.
15 Aug 2018
## AUTOREN
DIR Hanna Voß
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