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       # taz.de -- Nach Bränden in Griechenland: Wut auf die Politik
       
       > Die Regierung tue nichts, um den illegalen Bau von Häusern zu stoppen,
       > sagen viele GriechInnen. Das habe nun die Feuerkatastrophe begünstigt.
       
   IMG Bild: Die trauernden Menschen auf dem Syntagmaplatz stimmten Gesänge für die Toten an
       
       Am Montagabend haben sich in Athen hunderte Menschen zum Gedenken der Opfer
       der Brandkatastrophe in Attika versammelt. Sie stellten vor dem
       griechischen Parlament am Syntagmaplatz Kerzen auf. Politiker waren
       ausdrücklich nicht eingeladen, ihnen wurde mitgeteilt, sie sollen sich von
       der Gedenkfeier fern halten. Zahlreiche Menschen im Land geben früheren
       Regierungen und auch der jetzigen Regierung unter Linken-Chef Alexis
       Tsipras die Schuld an der Katastrophe.
       
       Vor einer Woche wüteten in den Ortschaften Mati, Rafina und Neos Vouzas,
       etwa 30 Kilometer östlich und westlich außerhalb von Athen, mehrere
       Waldbrände. Die Zahl der Todesopfer liegt mittlerweile bei 92. Noch immer
       werden zahlreiche Menschen vermisst.
       
       „Ich bin so wütend auf alle, die das Land je regiert haben“, sagt auch
       Ranja Paraskebapou, die zur Gedenkveranstaltung auf dem Syntagmaplatz
       gekommen ist. Man habe bei der Ausstattung der Feuerwehr gespart. Außerdem
       hätten bereits vorherige Regierungen den illegalen Bau von Häusern über
       Jahrzehnte geduldet – auch die Regierung unter Tsipras mache da keine
       Ausnahme. Denn eine Ursache für die Auswirkungen der Brände sei der
       illegalen Bau von Häusern gewesen.
       
       Experten sagen, es habe zahlreiche bauplanerische Verstöße an den Orten der
       Brandkatastrophe gegeben. So sind Häuser zu nahe an Wäldern errichtet
       worden und blockierten den schnellen Weg zum Strand sowie einen leichten
       Zugang für Löschfahrzeuge in die Regionen.
       
       ## Angst vor Stimmenverlusten
       
       „Auch die Syriza hat in ihrer bisher dreijährigen Regierungszeit nichts
       dagegen übernommen“, sagt Paraskebapou kopfschüttelnd. Keine Regierung habe
       sich dem entgegengestellt – wohl aus Angst vor Stimmenverlusten. Die
       Politik sei doch dazu da, Regeln aufzustellen, damit eine Gesellschaft in
       Frieden existieren könne, sagt eine andere Frau leise.
       
       Gleich nach Ablauf der dreitägigen Staatstrauer erhob nun auch die
       Opposition Vorwürfe gegen die linksgeführte Syriza-Regierung. Diese habe es
       nicht geschafft, Menschen und ihren Besitz zu schützen. Sie habe falsche
       Entscheidungen bei den Sparmaßnahmen getroffen.
       
       Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte am frühen
       Montagmorgen betroffene Regionen im Osten Athens besucht. Er zeigte sich
       erschüttert. Immer wieder bedankte er sich bei den freiwilligen
       HelferInnen, Feuerwehrleuten, PolizistInnen und SoldatInnen für Ihren
       harten Einsatz.
       
       Tsipras betonte, dass die Feuerwehrleute keinerlei Schuld treffe. Er habe
       „außerordentlichen Respekt vor denen, die den Kampf gegen die Flammen
       geführt haben“, twitterte er nach seinem Besuch. Der Regierungschef sagte,
       dass er die politische Verantwortung auf sich nehme und kündigte an, alle
       notwendigen Maßnahmen zu treffen, um solche Katastrophen in Zukunft zu
       vermeiden. Auch gegen den illegalen Bau werde er vorgehen. „Wir müssen
       heute schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass wir ein Land regieren, das von
       Regelwidrigkeiten dominiert wird“, sagte Tsipras.
       
       Die trauernden Menschen auf dem Syntagmaplatz stimmten Gesänge für die
       Toten an. Aber auch die griechische Nationalhymne wurde gesungen. Immer
       wieder ertönte der Ruf „Athanati“ – unsterblich, unvergessen sollen die
       Opfer sein. Ein junger Mann wiederholte den Ruf. Dann sagte er, er habe die
       schweren Brände im Jahr 2007 auf dem Peloponnes überlebt. Dort wurden die
       Menschen nach einiger Zeit einfach vergessen.
       
       31 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Theodora Mavropoulos
       
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