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       # taz.de -- Hautarzt über das Schwitzen: „Fenster auf und nackt schlafen“
       
       > Schweiß kühlt den Körper – und riecht manchmal auch unangenehm. Der
       > Dermatologe Timm Golüke über das Schwitzen, Sexuallockstoffe und heiße
       > Sommernächte.
       
   IMG Bild: Nicht alle Schweißdrüsen dienen dem Temperaturausgleich
       
       taz am wochenende: Herr Golüke, was ist eigentlich Schweiß? 
       
       Timm Golüke: Schweiß ist ein Sekret, das von den Schweißdrüsen hergestellt
       wird. Es ist einfach ein Gemisch aus Stoffen, die von diesen Schweißdrüsen
       produziert werden. Wir haben zwei verschiedene Arten von Schweißdrüsen: die
       apokrinen Schweißdrüsen, das sind Schweißdrüsen im Achsel- und
       Genitalbereich, und die ekkrinen Schweißdrüsen, die sich auf dem gesamten
       Körper befinden.
       
       Wie sieht die Arbeitsteilung der verschiedenen Drüsen aus? 
       
       Die ekkrinen Schweißdrüsen dienen dem Temperaturausgleich. Das ist alles
       hormonell gesteuert. Unser Körper checkt: Hey, draußen ist es heiß! Jetzt
       produziere ich mal mehr Hormone, die den Schweißdrüsen sagen: Kinners,
       produziert mehr Schweiß, damit die Temperatur ausgeglichen wird! Eine
       andere Funktion haben die apokrinen Schweißdrüsen. Die entstehen erst in
       der Pubertät und enthalten sexuelle Lockstoffe, also Pheromone, die
       ursprünglich mal der Fortpflanzung gedient haben. Diese Schweißdrüsen
       brauchen wir eigentlich nicht zum Temperaturausgleich.
       
       Es gibt also unterschiedliche Arten des Schwitzens? 
       
       Ja. Das wichtigste Schwitzen ist das temperaturausgleichende Schwitzen. Das
       dient dazu, den Körper zu kühlen. Dann gibt es das Stressschwitzen. Das ist
       temperaturunabhängig, tritt schlagartig auf und kann sogar eine Krankheit
       sein. Diese nennt man Hyperhydrosis, was so viel bedeutet wie verstärktes
       Schwitzen. Als Drittes hätten wir dann noch das Schwitzen als
       Begleitphänomen von anderen Grunderkrankungen, zum Beispiel Blutdruckabfall
       und Herzerkrankung.
       
       Kann Schwitzen ungesund sein? 
       
       Ja, wenn man übermäßig schwitzt, sollte man zum Arzt gehen und einen
       Check-up machen. Es könnte eine Erkrankung der Schilddrüse vorliegen. Das
       viele Schwitzen kann aber auch ein Hinweis auf andere Erkrankungen sein.
       Wenn jemand beispielsweise einen Tumor hat, kann es die Begleiterscheinung
       Nachtschweiß geben. Das heißt jetzt nicht, dass jeder gleich zum Arzt
       rennen sollte, der nachts schwitzt. Aber wenn das Schwitzen unabhängig von
       der Temperatur oder besonders aufregenden Situationen auftritt, dann sollte
       man seinen Hausarzt aufsuchen.
       
       Wozu gehört das Schwitzen bei Anstrengungen? 
       
       Das Schwitzen beim Sport ist ganz normaler Temperaturausgleich. Es wird
       einem heiß, und dann produzieren die Schweißdrüsen dieses wässrige Sekret,
       sondern es ab und regulieren darüber die Temperatur des Körpers nach unten.
       
       Warum schwitzen manche Menschen mehr, manche weniger? 
       
       Das ist genetisch und auch vom Hormonhaushalt bedingt. Wie viele Kinder in
       der Pubertät sehen wir mit Schweißfüßen oder Schweißflecken unter den
       Achseln? Ziemlich viele, nicht wahr? Das hormonelle Yin und Yang muss sich
       im Laufe des Wachsens erst einmal einstellen. Das beweist, dass das
       Schwitzen hormonell gesteuert ist.
       
       Man sieht öfter Männer mit Schweißflecken auf dem Hemd als Frauen.
       Schwitzen die weniger als Männer? 
       
       Definitiv nicht. Das ist individuell sehr verschieden.
       
       Verändert sich das auch nach der Pubertät noch, dass man mal mehr, mal
       weniger schwitzt? 
       
       Ja, das Schwitzen nimmt im Alter ab.
       
       Schwitzen wir nachts weniger? 
       
       Man schwitzt immer.
       
       Auch wenn ich einem [1][ganz angenehm temperierten Raum] bin? 
       
       Genau. Das ist praktisch eine Verdunstung der Haut, quasi das unsichtbare
       Schwitzen. Die Schweißdrüse ist ständig in einem gewissen Aktivitätsmodus,
       produziert also immer den ganzen Tag über, und also schwitzt man auch den
       ganzen Tag über. Nur für das Auge ist das nicht sichtbar. Erst wenn wir
       mehr schwitzen, merken wir, dass wir schwitzen.
       
       Wieso riecht Schweiß? 
       
       Frischer Schweiß und Schweiß an sich riecht nicht. Der Geruch kommt von den
       Bakterien, die zur natürlichen Hautflora zählen. Logischerweise hat man
       mehr Bakterien in den Bereichen, in denen wir mehr schwitzen. Diese führen
       dazu, dass Schweiß riecht, sogar stinken kann. Und das kommt vom
       Nichtwaschen. Das Sekret aus den apokrinen Schweißdrüsen enthält außerdem
       Sexualduftstoffe. Die riechen auch, aber die nehmen wir nicht als schlecht
       riechend wahr.
       
       Wieso finden wir manchen Schweiß anziehend und anderen abstoßend? 
       
       Im Eifer des Gefechts stört einen der Geruch vielleicht nicht. Wenn Sie
       jetzt aber einen Geschäftskontakt haben mit jemandem, an dem sie absolut
       kein sexuelles Interesse haben, stört es sie, wenn die Person stinkt. Es
       stört Sie auch, weil es ein Hinweis darauf ist, dass die Person sich nicht
       ordentlich gewaschen hat, und Sie wundern sich, dass es immer noch Menschen
       gibt, die keine Deos benutzen. Aber wenn der Mann jetzt vielleicht Ihr
       Traummann wäre und es sich um eine heiße Sommernacht in Havanna in einem
       Zimmer ohne Klimaanlage handelt, wird der stinkende Schweiß Sie kaum
       stören.
       
       Ist Schwitzen anstrengend? 
       
       Ja, weil man Elektrolyte verliert. Das ist wie beim Durchfall, wenn man
       Elektrolyte aus der Apotheke nehmen muss oder Salzstangen isst, weil da
       Salz darauf ist, was man verliert, wenn man schwitzt. Natürlich ist man
       äußerst schlapp, wenn man sehr viele Elektrolyte verliert.
       
       Würde es für den Temperaturausgleich nicht reichen, wenn lediglich Wasser,
       aber keine Elektrolyte ausgeschüttet wird?
       
       Da fragen Sie mal die Natur oder den lieben Gott. Wenn ich das wüsste, dann
       würde ich den Nobelpreis gewinnen und als Dr. Schweiß in die
       Menschheitsgeschichte eingehen.
       
       Was ist Ihr persönlicher [2][Geheimtipp gegen das Schwitzen]? 
       
       Trinken, trinken, trinken. Ich trinke zum Beispiel den ganzen Tag grünen
       Tee, lauwarm, und stilles Wasser. Ich finde, das Nervigste ist eigentlich
       nachts, und da kann man natürlich schon so Sachen machen, wie sich
       Handtücher in die Tiefkühltruhe und auf die Stirn vorm Einschlafen zu
       legen. Oder ich sag immer: Hey, cool bleiben! Dann ist es jetzt halt mal
       warm! Wir meckern ja sonst immer, wenn es regnet. Fenster auf und nackt
       schlafen, und alles ist gut!
       
       4 Aug 2018
       
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