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       # taz.de -- Kommentar Salvini zum Brückeneinsturz: Ein Lehrstück in Schäbigkeit
       
       > Italiens Innenminister beschuldigt die EU, am Einsturz in Genua
       > mitschuldig zu sein. Er hat das Problem allerdings selbst nicht behoben.
       
   IMG Bild: Salvini wälzt die Schuld an einem Missstand ab, den er bisher selbst nicht mit Priorität beheben wollte
       
       Wenn etwas schlecht läuft in Italien, müssen Flüchtlinge oder Roma schuld
       sein. Und wenn es nicht die sind – dann ist es halt die Europäische Union.
       So einfach scheint die Welt nach Matteo Salvini, [1][dem rassistischen und
       populistischen Innenminister Italiens.] Wenn also wie am Dienstag in Genua
       ein Teil einer Autobahnbrücke in sich zusammenstürzt, diese aber zufällig
       nicht Teil einer Fluchtroute ist, dann muss Brüssel seinen Anteil daran
       haben.
       
       Salvini erklärte noch am Dienstag, es seien die Stabilitäts- und
       Schuldenregeln der EU, die Italien hinderten, „das nötige Geld für die
       Sicherheit unserer Autobahnen auszugeben“. Während Rettungskräfte Verletzte
       und Tote bargen, ErmittlerInnen nach Ursachen forschten und Regierungschefs
       kondolierten, nutzte der Rechtspopulist die Katastrophe also umgehend
       dazu, der Europäischen Union eine Mitschuld am Einsturz mit so vielen
       Opfern zu geben.
       
       Was für ein Lehrstück in Schäbigkeit. Denn der Morandi-Brücke wird seit
       Jahren nachgesagt, dass sie baufällig sei – etwa von Experten wie Antonio
       Brencich, Professor an der Universität Genua. Er hatte schon vor zwei
       Jahren in einem Interview vor der Fehlkonstruktion der Brücke gewarnt.
       Gegen eine geplante Entlastungsstraße aber wehrten sich Politiker der
       Fünf-Sterne-Bewegung, die heute mit der rechten Lega die Regierung stellt.
       
       Eine lokale Gruppe schrieb schon vor Jahren auf der Website der Partei
       gegen die Trasse an, Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo selbst ist in einem
       Video von 2014 zu sehen, wie er in gewohnt polternder Manier verlangt, das
       Projekt mit der Armee zu stoppen. Auch der Verkehrsminister blockierte das
       Vorhaben.
       
       Es ist zu bezweifeln, dass Salvini ernsthaft darüber sprechen will, was
       Sparvorgaben aus Brüssel mit der Infrastruktur betroffener Länder anrichten
       – dabei wäre eine solche Diskussion auch im Sinne anderer Mitgliedsstaaten
       wie etwa Griechenland. Aber dafür ist nicht nur der Zeitpunkt falsch. Es
       müsste auch auf den Tisch kommen, dass Italien schon einige EU-Hilfen
       bezieht – und Kritiker immer mal wieder bemängeln, dass der Staat gar nicht
       alle Mittel abrufe.
       
       Stattdessen wälzt der Rechte alle Schuld an an einem Missstand, den er
       bisher selbst nicht mit Priorität beheben wollte, auf die EU ab. Oder haben
       Sie gehört, wie Salvini den ganzen Sommer über die Infrastruktur sprach und
       sich richtig für Straßen und Brücken ins Zeug legte? Eben – das hat
       niemand. Schließlich war Salvini damit beschäftigt, [2][Roma-Zählungen zu
       veranlassen,] Hafen [3][für Seenotretter zu blockieren] und Flüchtlinge auf
       Rettungsbooten [4][als „Menschenfleisch“ zu bezeichnen.]
       
       16 Aug 2018
       
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