# taz.de -- Kommentar CDU und AsylbewerberInnen: Bemerkenswert gestrig
> Behörden schieben AsylbewerberInnen ab, die die Zukunft des Landes sein
> könnten. Das sagt viel aus über das konservative Deutschlandbild.
IMG Bild: Agham Almawlawi (l.) und Mohamad Feras Almaoubwi aus Syrien sind ab Herbst Lehrlinge bei VW
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther ist aufgefallen, dass
es schlau sein könnte, [1][gut integrierten, aber abgelehnten
AsylbewerberInnen eine Zukunft in Deutschland zu ermöglichen]. Man möchte
dem CDU-Mann zurufen: Herzlichen Glückwunsch, willkommen in der Realität.
Eine solche Reform, auch „Spurwechsel“ genannt, ist überfällig. Dass
Merkels CDU sie bis heute blockiert, zeigt, wie bemerkenswert gestrig die
Regierungspartei ticken kann. Immer wieder schieben Behörden
AsylbewerberInnen ab, die die Zukunft des Landes sein könnten: Sie
sprechen gut Deutsch, haben einen Job, engagieren sich im Fußballverein.
Aber, und das ist ihr Pech, sie haben kein Recht auf Asyl.
Diese Abschiebungen, die oft erst nach Jahren erfolgreicher Integration
verkündet werden, sorgen regelmäßig für Empörung. ArbeitskollegInnen
solidarisieren sich, ChefInnen loben ihre MitarbeiterInnen, NachbarInnen
schreiben wütende Briefe an die Lokalzeitung. Der humanitäre und
ökonomische Schaden ist enorm.
Der Missstand ließe sich leicht beheben. Es bräuchte eine Regelung, die es
AsylbewerberInnen erlaubt, aus dem Asylrecht [2][in ein Zuwanderungsrecht]
zu wechseln – eben einen Spurwechsel. Nicht mehr die Schutzbedürftigkeit
wäre dann entscheidend, sondern der Nutzen für den Arbeitsmarkt.
Die SPD wäre dabei, FDP, Grüne und Linke auch. Ein solches Gesetz wäre in
mehrfacher Hinsicht ein Fortschritt. Es würde Menschen belohnen, die sich
anstrengen. Es wäre eine Maßnahme, um den demografischen Wandel abzufedern.
Auch die Wirtschaft wäre glücklich. Schließlich klagen Firmen seit Jahren,
dass es ihnen an Auszubildenden fehlt.
Leider ist es unwahrscheinlich, dass Günther sich in der Union durchsetzen
wird. Die Konservativen haben sich zu lange an die Illusion geklammert,
dass Deutschland kein Einwanderungsland sei, als dass sie zu beherztem
Pragmatismus fähig wären. Und das ist wirklich eine traurige Nachricht.
16 Aug 2018
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DIR Ulrich Schulte
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