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       # taz.de -- Kommentar Gesetz zur Dritten Option: Eine historische Chance vergeben
       
       > Das Gesetz zur dritten Geschlechtsoption ist zu restriktiv: Er macht
       > ärztliche Diagnosen zur Bedingung – und ist so selbst diskriminierend.
       
   IMG Bild: Wenn es um Würde und positive Identität geht, müssen die betreffenden Personen für sich selbst entscheiden dürfen
       
       Statt „weiteres“ nun also „divers“. Sonst bleibt alles gleich. Das
       Bundeskabinett hat am Mittwoch den von Fachverbänden viel kritisierten
       Gesetzentwurf des Innenministeriums zur sogenannten dritten Option
       angenommen. Familienministerin Giffey lobt das Papier als „modernes
       Gesetz zur Anerkennung und Stärkung von geschlechtlicher Vielfalt“.
       Justizministerin Barley (beide SPD) sagt, es gehe „um Würde und positive
       Identität“. Nur Horst Seehofer, CSU-Minister des federführenden
       Innenministeriums, schweigt dazu.
       
       [1][An dem Gesetzentwurf ist wenig Gutes.] Der Beschluss des
       Bundesverfassungsgerichts 2017 war eine kleine Revolution: Das Grundgesetz
       schützt auch die geschlechtliche Identität von Personen, die sich dauerhaft
       weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen. Damit machte
       das Gericht den Weg frei für die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt.
       
       Der vorliegende Entwurf indes setzt [2][den Karlsruher Beschluss] nicht um.
       Er knüpft die Möglichkeit eines dritten positiven Geschlechtseintrags an
       die Bedingung einer ärztliche Bescheinigung der „Variante der
       Geschlechtsentwicklung“. Warum? Das hat keinen Sinn. Hatte doch Karlsruhe
       klargestellt, dass das Grundgesetz die Geschlechtsidentitäten aller
       Menschen schützt, die weder männlich noch weiblich sind. Und die Identität
       ist nun mal immer mehr als nur körperliche Merkmale.
       
       Wenn es um Würde und positive Identität geht, müssen die betreffenden
       Personen für sich selbst entscheiden dürfen. Es gibt intergeschlechtliche,
       transgeschlechtliche Menschen – und das sollte als selbstverständlich
       anerkannt werden, auch ohne ärztliche Bescheinigung.
       
       Seit Jahren formulieren Interessenverbände Kritik an den Verfahren, [3][mit
       denen Inter*Menschen ins System der Zweigeschlechtlichkeit gepresst
       werden.] Jetzt werden sie anerkannt, aber immer noch müssen Ärzt*innen ihre
       Existenz bescheinigen. Leuchtet nicht ein. Vielleicht ist es kein Zufall,
       dass das federführende Ministerium selbst nicht so recht weiß, was es dazu
       sagen soll, und schweigt.
       
       16 Aug 2018
       
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