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       # taz.de -- Putin wird in Österreich erwartet: Hochzeitsgast Wladimir
       
       > Damit hat Österreichs Außenministerin wohl nicht gerechnet: Der russische
       > Präsident kommt überraschend zu ihrer Hochzeit ins Sulztal.
       
   IMG Bild: Guckt während der Hochzeit hoffentlich weniger kritisch: Überraschungsgast Putin
       
       Eine Braut sollte sich gut überlegen, wen sie zu ihrer Hochzeit einlädt.
       Seit der Kreml am Mittwoch Gerüchte bestätigte, Präsident Wladimir Putin
       würde am Samstag der Hochzeitsfeier von Österreichs Außenministerin Karin
       Kneissl beiwohnen, herrscht Aufregung im heimischen Blätterwald.
       
       Die 53-jährige parteilose Nahostexpertin, die auf einem Ticket der rechten
       FPÖ im Kabinett sitzt, wird ihren langjährigen Lebensgefährten, den
       Energieunternehmer und Finanzjongleur Wolfgang Meilinger ehelichen. Nach
       der kirchlichen Zeremonie wird im Gasthaus Tscheppe gefeiert. Das liegt im
       Sulztal an der südsteirischen Weinstraße.
       
       Beim lokalen Tourismusverband sind bereits Anfragen eingegangen, auf
       welcher Route sich das Brautpaar von der Kirche zur Feier begeben werde.
       Man wolle die Straße absperren, in der Region ist schließlich der schöne
       Brauch des Brautraubs heimisch.
       
       Für solche Späße wird die Polizei voraussichtlich wenig Verständnis haben.
       Höchste Sicherheitsstufe ist angesagt. Über die genaue Anzahl der
       abgestellten Polizisten will die Polizeidirektion keine Auskunft geben.
       
       Bei Putins kurzem Besuch im Juni waren es 900, verstärkt durch 600 Soldaten
       des Bundesheeres. Bei dieser Visite hatte Kneissl dem Gast von ihrer
       bevorstehenden Hochzeit erzählt und ihn – wohl aus reiner Höflichkeit –
       eingeladen. Dass der Kreml-Chef tatsächlich kommen würde, hat wohl die
       Außenministerin selbst am meisten erstaunt. Denn die protokollarischen
       Begegnungen liefern kaum eine Grundlage für die Teilnahme an einer privaten
       Hochzeitsfeier.
       
       Am deutlichsten hat es der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon ausgdrückt:
       „Ein Despot ist nie privat“, [1][twitterte er]: „Die türkis-blaue Regierung
       wird als verlängerter Arm des russischen Regimes in der Europäischen Union
       wahrgenommen und verspielt die gute Reputation des Landes“. Da Österreich
       derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, sei das nicht nur ein
       österreichisches, sondern ein europäisches Problem. Kneissl solle daher,
       „um diesen Schaden von Österreich abzuwenden, sofort zurücktreten“. Tue sie
       das nicht freiwillig, so sollte Bundeskanzler Kurz sie „dem
       Bundespräsidenten noch heute zur Entlassung vorschlagen“.
       
       Kurz, der solche Ansinnen meist mit unverbindlichen Stehsetzen abblockt,
       wird selbst bei der Feier erwartet, nebst der gesamten FPÖ-Regierungsriege.
       Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird dem Event hingegen
       fernbleiben.
       
       ## Mit dem Heli ins Sulztal
       
       Putin wird am späten Vormittag auf dem Grazer Flughafen landen und sich
       dann im Helikopter für wenige Stunden ins Sulztal verfügen. Um 18 Uhr wird
       er bereits in Schloss Meseberg von Angela Merkel erwartet. Das
       Boulevardblatt Österreich [2][will in Erfahrung gebracht haben], dass Putin
       als Überraschung einen Kosakenchor nach Österreich mitbringen will.
       
       Damit die hohen Kosten des Sicherheitsaufwands von der öffentlichen Hand
       getragen werden können, hat das Außenministerium die Blitzvisite kurzerhand
       zum „Arbeitsbesuch“ erklärt. „Das wäre wohl die erste Hochzeit, auf der die
       Braut arbeiten müsste“, [3][machte sich Bruno Rossmann von der Liste Pilz
       lustig]. Die Folgen hält er aber für sehr ernst: „Wie soll Österreich auf
       der außenpolitischen Bühne als Vermittler wahrgenommen werden, wenn ein
       offensichtliches Näheverhältnis zwischen dem russischen Präsidenten und der
       österreichischen Außenministerin herrscht?“
       
       So sieht es auch die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im
       ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, [4][die sich via Twitter einbrachte]:
       „Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein“.
       
       Empört ist auch Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter, der Kneissl
       [5][in einer Video-Botschaft] vorwirft, ihre Hochzeit missbrauchen zu
       lassen. Putin, der in seinem Land ein totalitäres System aufgezogen habe,
       wolle damit „auf der ganzen Welt öffentliches Ansehen gewinnen: „Schaut
       her, sogar die Österreicher, die jetzt Ratsvorsitz sind, sind meine besten
       Freunde. Da wird sich doch bei den Sanktionen etwas machen lassen“.
       
       Indirekt bestätigt wird diese Deutung von dem in lokalen Medien zitierten
       Pjotr Akopow, Vizechefredakteur des Kreml-nahen Online-Mediums Wsgljad:
       „Früher waren Reisen unserer Staatslenker zu Hochzeiten nach Europa nichts
       Ungewöhnliches, allerdings betraf dies Verwandte. Das letzte Mal war ein
       russischer Zar im Mai 1913 bei einer solchen Zeremonie“. Er würdigt Karin
       Kneissl als „Frau, die sich nicht nur der atlantischen Politik, sondern
       auch jener Kampagne zur Dämonisierung Putins entgegenstellt, die
       globalistische Kreise unter den Europäern durchführen. Karin ist nicht nur
       eine kluge, sondern auch eine mutige Frau“.
       
       Dieses Lob sollte die Außenministerin nachdenklich stimmen. Für eine
       Ausladung des unbequemen Gastes ist es aber in jedem Fall zu spät.
       
       17 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/michelreimon
   DIR [2] http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Das-wird-Putin-Kneissl-zur-Hochzeit-schenken/345143013
   DIR [3] https://www.kleinezeitung.at/service/newsticker/5480739/Putins-Hochzeitsbesuch-laesst-die-Wogen-hochgehen
   DIR [4] https://twitter.com/hopkohanna?lang=de
   DIR [5] https://kurier.at/meinung/videokommentar-putin-missbraucht-kneissl-hochzeit/400091273
       
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   DIR Ralf Leonhard
       
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