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       # taz.de -- Degrowth-Konferenz in Malmö: Sie wollen Schweden schrumpfen
       
       > Jedes Jahr werden die Ressourcen der Erde schneller aufgebraucht. In
       > Malmö diskutieren Aktivisten über Alternativen zum Wirtschaftswachstum.
       
   IMG Bild: Damit die Welt nicht in den Abgrund stürzt, ist ein Umdenken notwendig: Kopfsprung in Malmö
       
       Ellie Cijvat ist Vorsitzende der Umweltorganisation Friends of the Earth
       Sweden, Leiterin des Instituts für Physik und Elektroingenieurie an der
       Linné Universität in Småland und eine der Rednerinnen bei der Eröffnung der
       6. Internationalen Degrowth-Konferenz im schwedischen Malmö. Die
       VeranstalterInnen vom schwedischen Institute for Degrowth Studies wollen
       mit der Idee aufräumen, dass das skandinavische Modell zukunftsfähig ist.
       
       „In Bezug auf die Umweltpolitik halten viele Schweden ihr Land für perfekt.
       Unsere Politiker sprechen stolz von einer Reduktion der
       Treibhausemissionen“, sagt Cijvat, „aber das betrifft nur die Produktion im
       Land und nicht unseren Konsum. Wenn wir all das mitrechnen, was woanders
       für uns produziert wird, dann sehen wir, dass unsere Emissionen seit den
       90er Jahren auf einem sehr hohen Niveau stagnieren.“
       
       Damit die Kritik auch außerhalb der akademischen Blase gehört wird, haben
       die Veranstalter mit lokalen Bewegungen eine Abschlussdemonstration
       geplant. Aber schon während der Konferenz finden Veranstaltungen mit
       AktivistInnen, Workshops und offene Diskussionsrunden statt. Der
       Degrowth-Bewegung, die einst gegen Wirtschaftswachstum und Beschleunigung
       angetreten ist, ist Partizipation wichtig.
       
       Die Herausforderungen sind viele und nicht gerade trivial. Auf der
       Konferenz wird es um Arbeitszeitverkürzung gehen und um die Frage, wie
       natürliche Ressourcen demokratisch und fair verwaltet werden können. Um den
       Platz der Umwelt im Rechtssystemen und die Frage, ob technologischer
       Fortschritt Teil der Lösung oder doch eher Teil des Problems ist. Und
       natürlich fehlen auch die Systemfragen nicht: Wie kann die Gesellschaft mit
       dem, was sie braucht, versorgt werden, wenn die Marktzwänge wegfallen? Wie
       könnte ein alternatives Finanzsystem aussehen; wie die Leistungen, die der
       Sozialstaat erbringt, aufrechterhalten werden? Kurz gesagt: Wie können wir
       Produktion und Konsum anders organisieren?
       
       ## Lösung des Nordens für den Norden
       
       Dabei ist [1][der Degrowth-Bewegung wichtig], dass es um Lösungen des
       globalen Nordens für den globalen Norden geht. Es sollen nicht die Fehler
       der kolonialen Vergangenheit wiederholt werden, in denen die Konzepte der
       industrialisierten Länder dem Rest der Welt aufgezwungen wurden. Das Motto
       der diesjährigen Konferenz ist: „Dialoge in turbulenten Zeiten“. In den
       letzten Jahren seien die Krisen, über die Degrowth spricht, besonders
       spürbar geworden, schreiben die Veranstalter auf ihrer Webseite: andauernde
       Kriege, vor allem im Nahen Osten, Migrationsbewegungen und die Auswirkungen
       des Klimawandels, aber auch die Destabilisierung westlicher Politik durch
       den Brexit und Trump.
       
       Auf der anderen Seite haben sich viele transformative Gegenbewegungen
       gebildet, die es zu bündeln gelte. Graswurzelbewegungen, vor allem auch des
       globalen Südens, sollen in den Dialog einbezogen werden, der nicht zuletzt
       zum Zweck hat, die globale Aufteilung der Ressourcen gerechter zu
       gestalten. „Um die Umwelt zu retten, brauchen wir eine neue Vision, die
       sehr viele Menschen einbezieht. Wir müssen es schaffen, eine
       vielversprechende Alternative zu zeichnen. Gerechtigkeit, Verteilung und
       Umwelt müssen zusammengedacht werden“, beschreibt Ellie Cijvat die große
       Herausforderung.
       
       Die Idee, dass unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten zum
       Problem werden könnte, machte der Club of Rome schon in den siebziger
       Jahren erstmals populär. Es braucht Alternativen zum Wirtschaftswachstum.
       Diese Überzeugung und die Frage, wie eine nachhaltige Gesellschaft aussehen
       könnte, bringt diese Woche bis zum 25. August über 700 ForscherInnen,
       AktivistInnen und andere InteressentInnen nach Malmö zu dieser bereits 6.
       Internationalen Degrowth- – also „Entwachstums-“ – Konferenz. Die
       Degrowth-Bewegung entstand in den Nullerjahren und breitet sich vor allem
       in Europa aus. Die jedes zweite Jahr stattfindenden Konferenzen dienen
       dazu, wachstumskritische Diskurse und Forschungsansätze zu verbinden.
       
       Grünes Wachstum war schon früher die Antwort der Kritiker. Aber der
       Earth-Overshoot-Day, der Tag, an dem die Menschheit das nachhaltige
       „Budget“ an Ressourcen für das laufende Jahr aufgebraucht hat, kommt jedes
       Jahr früher – in diesem Jahr war es der 1. August.
       
       20 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politologe-ueber-Degrowth-Konzept/!5517821
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ruth Fulterer
       
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