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       # taz.de -- LGBT-Protest in Russland: 30 Aktivisten festgenommen
       
       > In St. Petersburg werden 30 Aktivisten festgenommen. Ihre Kundgebung war
       > verboten worden, da sie die Gesundheit von Kindern gefährden könnte.
       
   IMG Bild: Polizisten transportieren einen LGBT-Aktivisten ab
       
       Berlin taz | Wie vielversprechend sie doch waren, die Diversity-Häuser als
       Anlaufstelle für sexuelle Minderheiten während der Fußball-WM vor wenigen
       Wochen in Russland. Bei vielen keimte da schon die Hoffnung auf, dass sich
       die Situation für Angehörige der LGBT-Community zum Besseren wenden könnte.
       
       Doch die vorsichtigen Optimisten mussten sich am Wochenende wieder einmal
       eines Besseren belehren lassen. In St. Petersburg wurden am Samstag rund 30
       Homo-Aktivisten von der Polizei festgenommen, die an einer unerlaubten
       Kundgebung teilgenommen hatten. Die Stadtverwaltung hatte das Verbot mit
       Straßenreparaturarbeiten und dem Hinweis begründet, LGBT-Aktionen schadeten
       der Gesundheit von Kindern. Daraufhin hatten die Demonstrationsteilnehmer
       sogenannte „Ein-Personen-Proteste“ angekündigt, um ihr Recht auf
       Versammlungsfreiheit geltend zu machen.
       
       Doch auch das nützte nichts. Auf Fotos und Videos ist zu sehen, wie die
       Aktivisten, die Regenbogenflaggen tragen, in Polizeibusse geschubst werden.
       Auf dem Plakat eines Demonstranten ist zu lesen: „Meine Mutter liebt mich,
       meine Vater liebt mich, meine Freunde lieben mich. Warum könnt ihr das
       nicht tun?“
       
       Dass alleiniges Demonstrieren, das laut Gesetz legal ist, nicht vor einer
       Festnahme schützt, musste auch Peter Tatchell erfahren. Der britische
       LGBT-Aktivist hatte sich am 14. Juni 2018 mit einem Poster in der Nähe des
       Roten Platzes in Moskau aufgestellt. Darauf stand geschrieben: „Putin tut
       nichts gegen die Folter von Schwulen in Tschetschenien.“
       
       ## Gegen den Polizeistaat
       
       Es dauerte nur wenige Minuten, bis er von der Polizei abgeführt wurde. Als
       Reaktion auf die Festnahmen in St. Petersburg am Wochenende twitterte er:
       „Das Regime von Putin ist homophob und verletzt alle Menschenrechte. Ich
       stehe an der Seite der russischen Demokraten und LGBT-Aktivisten gegen den
       Polizeistaat.“
       
       Gerade „Menschen mit nicht traditioneller sexueller Orientierung“, wie es
       so schön im russischen Sprachgebrauch heißt, haben diese Unterstützung
       bitter nötig – umso mehr in einem Land, in dem ein Gesetz von 2013
       „homosexuelle Propaganda“ unter Strafe stellt.
       
       Mit dem Segen der Orthodoxen Kirche, die den Hass auf diese „Abnormen“ nach
       Kräften befeuert, werden LGBT-Menschen tagtäglich nicht nur Opfer von
       Diskriminierung, sondern sind an Leib und Leben bedroht.
       
       2017 erreichten haarsträubende Nachrichten aus Tschetschenien in diesem
       Zusammenhang die Öffentlichkeit. Laut Berichten der regierungskritischen
       russischen Zeitung Nowaja Gazeta sollen über 100 Schwule in der
       mehrheitlich von Muslimen bewohnten Nordkaukasusrepublik verschleppt und in
       Gefängnissen gefoltert worden sein.
       
       ## Keine Homos
       
       Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow, der mit seinen Milizen, den
       Kadyrowtzi, regelrechten Terror verbreitet, dementierte die Meldungen mit
       der zynischen Bemerkung in Tschetschenien gebe es überhaupt keine
       Homosexuellen.
       
       Wenn er sich da mal nicht irrt. Eine russische Nichtregierungsorganisation,
       die die Rechte von LGBT vertritt, berichtete im April dieses Jahres, seit
       2017 114 Personen geholfen zu haben, aus Tschetschenien zu flüchten. Die
       Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilte ebenfalls im April
       mit, dass keinem der Opfer in Tschetschenien bisher Gerechtigkeit
       widerfahren sei. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
       
       5 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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