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       # taz.de -- Saudi-Arabien reagiert auf Kritik: Kanadas Botschafter ausgewiesen
       
       > Die kanadische Außenministerin kritisiert die Festnahme von Aktivistinnen
       > in Saudi-Arabien. Die Folge: eine diplomatische Krise zwischen den beiden
       > Ländern.
       
   IMG Bild: Die saudische Vertretung in Ottawa. Der Botschafter weilt derzeit zu Konsultationen in Riad
       
       RIAD/KAIRO/OTTAWA dpa/rtr | Die Kritik Kanadas an der Festnahme von
       Aktivistinnen in Saudi-Arabien hat eine diplomatische Krise zwischen beiden
       Ländern ausgelöst. Die Regierung in Riad erklärte den kanadischen
       Botschafter Dennis Horak am frühen Montagmorgen zur unerwünschten Person
       und verwies ihn des Landes. Gleichzeitig rief die saudi-arabische Führung
       ihren Botschafter in Kanada zu Konsultationen zurück, wie die
       saudi-arabische Agentur SPA berichtete. Zudem fror Saudi-Arabien ein erst
       vor kurzem geschlossenes Handelsabkommen mit Kanada sowie alle neuen
       Investitionen ein.
       
       Anlass war [1][ein Tweet der kanadischen Außenministerin Chrystia Freeland]
       vom Donnerstag. Darin heißt es, Kanada sei ernsthaft besorgt wegen neuer
       Festnahmen von Aktivistinnen für die Zivilgesellschaft sowie Frauenrechte
       in Saudi-Arabien, einschließlich von Samar Badawi. „Wir bitten die
       saudi-arabischen Behörden dringend, sie und alle anderen friedlichen
       Menschenrechtsaktivisten freizulassen.“
       
       Dies sei eine eklatante und unzulässige Einmischung in innere
       Angelegenheiten Saudi-Arabiens, die gegen alle internationalen Normen und
       Protokolle verstoße, [2][betonte das saudische Außenministerium in einem
       Tweet]. Die kanadische Position sei ein Affront, der eine harte Antwort
       erfordere, um weiteren Versuchen einer Einmischung zuvorzukommen.
       Botschafter Horak müsse das Land binnen 24 Stunden verlassen.
       
       ## Nassima al-Sadah und Samar Badawi in Haft
       
       Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte am Mittwoch von der
       Verhaftung der beiden Frauenrechtlerinnen Nassima al-Sadah und Samar Badawi
       berichtet. Sie hatten jahrelang für das Recht gekämpft, in dem
       ultrakonservativen Königreich Auto fahren zu dürfen, berichtete die
       Organisation.
       
       Die Festnahmen stünden im Einklang mit geltendem Recht, da die Betroffenen
       Straftaten verübt hätten, teilte das saudi-arabische Außenministerium dazu
       mit.
       
       Badawis Bruder, der Blogger Raif Badawi, ist seit 2012 inhaftiert. Ensaf
       Haidar, die Ehefrau des zu tausend Peitschenhieben und zehn Jahren
       Gefängnis verurteilten Bloggers, lebt gemeinsam mit ihren drei Kindern in
       Kanada und hat erst vor kurzem die kanadische Staatsbürgerschaft erhalten.
       
       Die Festnahmen seien ein Signal, dass das saudi-arabische Königshaus jeden
       friedlichen Widerspruch gegen seine autokratische Herrschaft als Bedrohung
       verstehe, so Human Rights Watch.
       
       „Kanada wird sich immer für den Schutz von weltweiten Menschenrechten,
       eingeschlossen in hohem Maße Frauenrechte, und Meinungsfreiheit einsetzen“,
       teilte Marie-Pier Baril, die Sprecherin von Freeland, mit. Deshalb werde
       das Land auch niemals zögern, für diese Werte zu werben. Sie seien
       wesentlich für die internationale Diplomatie.
       
       ## 900 Panzerfahrzeuge aus Kanada nach Saudi-Arabien
       
       Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte im März einen Waffendeal der
       konservativen Vorgängerregierung mit Saudi-Arabien aus dem Jahr 2014
       bestätigt und gegen Kritik im eigenen Land verteidigt. Der 15 Milliarden
       Kanadische Dollar (etwa 10 Milliarden Euro) schwere Deal über den Verkauf
       von mehr als 900 Panzerfahrzeugen an das Königreich stehe im Einklang mit
       Kanadas Außen- und Verteidigungspolitik, sagte er im März.
       
       Laut Weltbank machte Kanadas Handel mit Saudi-Arabien im Jahr 2016
       lediglich 0,24 Prozent des gesamten Handels des Landes aus. Im Vergleich
       dazu gingen 76 % des gesamten kanadischen Exportgeschäftes in die USA.
       
       Seit Juni dürfen Frauen in dem streng islamischen Saudi-Arabien Auto
       fahren. Zu verdanken haben sie die neue Freiheit dem ehrgeizigen
       Kronprinzen Mohammed bin Salman, den vor allem die jungen Saudis als
       Reformer sehen. Der 32-Jährige gilt als starker Mann des Königreichs und
       will dem Land eine Kur verpassen. Vor allem geht es ihm darum, die
       Wirtschaft umzubauen, damit sie weniger abhängig vom Öl ist, das das Land
       reich gemacht hat, aber eines Tages erschöpft sein wird.
       
       Schon Mitte Mai waren zunächst mindestens 17 Aktivisten festgenommen
       worden, von denen einige zumindest zwischenzeitlich wieder freigelassen
       wurden. Das harte Vorgehen des Staates in einer Phase der Öffnung erklären
       Experten damit, dass die Staatsführung die volle Kontrolle über die
       Reformen behalten will.
       
       6 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/cafreeland/status/1025030172624515072
   DIR [2] https://twitter.com/KSAmofaEN/status/1026241377867321345
       
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