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       # taz.de -- Wahlkampf im Kongo: Krieg ist viel schöner
       
       > Kongos Präsident Joseph Kabila tritt nicht zu den Wahlen an. Das deutet
       > auf andere Zukunftspläne. Die Gefahr neuer Kriege ist groß.
       
   IMG Bild: Eingeengt: Emmanuel Ramazani Shadary winkt seinen Unterstützern aus dem Gelände der Wahlkommission in Kinshasa, 8. August
       
       Kinshasa taz | Kongos Präsident Joseph Kabila hat einen Nachfolger
       designiert. Aber ob es wirklich Wahlen am 23. Dezember geben wird, ohne
       Kabila – das bleibt fraglich. Beobachter fürchten: Es wird Krieg geben. Und
       dieser Krieg wird Kabila an der Macht halten.
       
       Erst vor zwei Wochen hat der Präsident seine Armee reformiert. Er hat ihm
       ergebene Generäle befördert, um wichtige Regionen zu verteidigen: die
       Hauptstadt Kinshasa, den rohstoffreichen Osten, die Kupfer- und
       Kobaltprovinz Katanga.
       
       Die meisten dieser Generäle stehen seit Jahren wegen Kriegsverbrechen auf
       internationalen Sanktionslisten. Sie waren auf internationalen Druck in den
       Ruhestand geschickt worden. Jetzt hat Kabila sie zurückgeholt.
       
       Im Kongo gilt das Gegenteil des Spruches „Die Ratten verlassen das sinkende
       Schiff“. Die „Ratten“ auf den Sanktionslisten, die international gar nicht
       reisen können – die können das Schiff gar nicht verlassen. Sie werden
       Kabila auf dem Schiff bis aufs Messer verteidigen und ihn womöglich vor dem
       Untergang retten.
       
       Auch Kabilas Wunschnachfolger Emmanuel Ramazani Shadary steht auf der
       Sanktionsliste der EU und der USA. Auch er ist zum Verharren auf dem Schiff
       verdammt. Doch er gilt als schwache Persönlichkeit ohne eigene Machtbasis.
       
       Er hat auch keinen Einfluss auf das Militär – die wichtigste Machtsäule des
       Präsidenten. Als Präsident könnte Shadary seine Macht gar nicht ausspielen
       ohne Kabila im Hintergrund.
       
       ## Erstmal Pfründe erwirtschaften
       
       Die Generäle sitzen jetzt nicht auf ihren neuen Posten, um das Ende des
       Regimes einzuläuten und dann unter einem neuen Präsidenten womöglich wieder
       abgesetzt zu werden. Sie wollen jetzt erst einmal ihre Pfründen
       erwirtschaften.
       
       Dazu benötigen sie einen Krieg, damit die Gelder in ihre Richtung fließen.
       Das ist die grundlegende Logik des Systems Kabila.
       
       Es gibt Gerüchte, dass einige dieser Generäle derzeit durch die Wälder
       Ostkongos tingeln. Dort tummeln sich laut UN-Angaben bis zu 150 Milizen –
       ein enormes Chaospotenzial. Diese Milizen werden jetzt von Kinshasa gezielt
       aufgerüstet, um Chaos anzuzetteln.
       
       Dann kann Kabila seine Armee zum Marsch blasen, um wieder „Ordnung“ zu
       schaffen. Und solange das Land sich im Kriegszustand befindet, muss er laut
       Verfassung keine Wahlen abhalten.
       
       ## FDLR greift wieder Ruanda an
       
       Eine dieser Milizen ist die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
       Kräfte zur Befreiung Ruandas). Sie wird jetzt neu aufgerüstet. Erst vor
       wenigen Tagen hat sie vom Kongo aus erneut einen Angriff auf Ruanda
       gestartet.
       
       Das wird sich Ruandas Regierung nicht lange gefallen lassen. Ruanda hat das
       Potenzial, im Kongo Krieg anzuzetteln.
       
       Dazu passt, dass Kongos Oppositionsführer Moise Katumbi, der gar nicht erst
       ins Land gelassen wurde, um seine Kandidatur einzureichen, sauer ist. Schon
       zu Beginn des Jahres knüpfte er Kontakte nach Ruanda und suchte Kontakt zur
       einstigen kongolesischen Tutsi-Rebellion M23 (Bewegung des 23. März), die
       sich jetzt wieder entlang der ruandischen Grenze in Ostkongos Bergen
       eingenistet hat.
       
       M23-General Sultani Makenga sucht gerade Waffen. Er hat Kontakt zu Katumbi.
       Der könnte der M23 Waffen finanzieren, wenn diese ihm die Rückkehr in den
       Kongo ermöglicht.
       
       ## Jeder braucht ein Pferd im Rennen
       
       Jean-Pierre Bemba von der Oppositionspartei MLC (Kongolesische
       Befreiungsbewegung) spielt ebenfalls gern die militärische Karte. Er hat
       bereits 1998 bis 2003 gegen Kabila gekämpft. Damals bauten ihm Ugandas
       Generäle seine Rebellenarmee auf.
       
       Bembas Freundschaft mit Ugandas Präsident Yoweri Museveni hält bis heute.
       Auch Museveni hätte gern im Kongo wieder ein Pferd im Rennen. Sollte Bemba
       demnächst in Uganda um Unterstützung bitten, wird diese ihm sicher nicht
       verwehrt.
       
       Krieg ist im Kongo stets ein einfaches Mittel, schnell Macht zu generieren
       – einfacher als der politische Zirkus von Wahlen und Wahlkampf.
       
       Im Krieg muss man nicht um Wähler werben, im Gegenteil: Da kann man sich
       über die Interessen des Volkes hinwegsetzen. Das ist das Spiel, das Kabila
       und seine Gegner beherrschen.
       
       10 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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