# taz.de -- Kommentar Massenproteste in Rumänien: Rückkehr zur Gewalt
> Die Regierung Rumäniens wird angesichts der Proteste gegen die Korruption
> nervös. Sie greift auf den Einsatz Polizei und Geheimdienst zurück.
IMG Bild: Ein schönes Bild: ein Demonstrant in Bukarest
Dass die fälschlicherweise als „sozialdemokratisch“ bezeichnete
Nomenklatura in Rumänien unter PSD-Chef Liviu Dragnea gerne Traditionen
folgt, zeigte sich erst am letzten Freitag. Ließen die alten „Führer“
Nicolae Ceaușescu und sein Nachfolger Ion Iliescu nicht nur Polizei und
Geheimdienste, sondern auch indoktrinierte Bergarbeiter auf Demonstranten
los, so schaffte es jetzt die derzeitige Führung mit einem brutalen
Polizeieinsatz, in die Fußstapfen ihrer Vorgänger zu treten.
Die jetzige Regierung und ihre Institutionen kopieren die alten
populistischen Traditionen nicht nur mit autoritärem Gehabe, sondern auch
mit der täglichen Anwendung von Gewalt. Zu diesen Instrumentarien gehört es
zudem, Provokateure zu benutzen.
Das Versprechen einer umfassenden Rentenreform, das die Einkommen der
Rentner verdoppeln soll, ist ebenfalls ein traditionell anmutender
verzweifelter Versuch, den Unmut in der Bevölkerung über die Korruption im
Lande zu dämpfen und die Loyalität vor allem der Unterschichten
zurückzugewinnen. Die bei niedriger Wahlbeteiligung unter 40 Prozent
gewählte Regierungsmehrheit in Bukarest kann sich aber angesichts der
Kritikwelle keineswegs mehr sicher fühlen.
Ihre Führungsriege ist nervös geworden. Denn ihr Manöver, nach den
Demonstrationen gegen die Korruption vor zwei Jahren scheinbar nachzugeben
und dann die Antikorruptionsgesetze peu à peu zu unterlaufen, will nicht so
recht klappen.
Die Massenproteste sind zurück. Neu ist jetzt aber, dass nun auch
Auslandsrumänen unter den treibenden Kräften des Protestes zu finden sind.
5 Millionen Rumäninnen und Rumänen haben seit dem Sturz des Kommunismus das
Land verlassen.
Dass gerade jene, die in ein besseres Leben im Westen geflüchtet sind,
jetzt erklären, wieder in die Heimat zurückkehren zu wollen, erscheint zwar
einigermaßen unrealistisch; sollten sie aber von nun an die
Zivilgesellschaft in Rumänien kontinuierlich und praktisch stützen, wäre
ein Machtwechsel durchaus möglich.
12 Aug 2018
## AUTOREN
DIR Erich Rathfelder
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