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       # taz.de -- Technoparade durch Berlin: Die Erweiterung des Partybegriffs
       
       > Der Zug der Liebe rollt am Samstag wohl ein letztes Mal durch Berlin.
       > Grund ist unter anderem der Status als politische Demonstration.
       
   IMG Bild: Feiern oder demonstrieren? Beides!
       
       Der Übergang vom Straßenrave zur politischen Demonstration ist fließend,
       das haben Berliner Veranstalter*innen seit der Loveparade immer wieder
       bewiesen. Auch der Zug der Liebe, der an diesem Samstag zum vierten Mal
       durch das Herz der Hauptstadt dröhnen wird, versucht genau das:
       Nächstenliebe mit politischer Botschaft und Bass zu verbinden. Insgesamt
       fünfzehn Wagen sollen ab Mittag vom Treptower Park zur U-Bahn-Station
       Magdalenenstraße rollen – sieben weniger als 2017.
       
       Der organisatorische Aufwand für das Team sei auch bei dieser Wagenzahl
       noch kräftezehrend, sagen die Veranstalter Martin Hüttmann und Jens Schwan,
       die auch dem Verein „Zug der Liebe e. V.“ vorstehen. Musikalisch dominieren
       auf den Trucks Techno-DJs, die einzelnen Schirmherrschaften der Wagen
       sorgen aber auch für einen politischen Anspruch: Aias – Studierende gegen
       Blutkrebs und die Berliner Obdachlosenhilfe sind genauso dabei wie der
       Jugendhilfeträger Karuna und der Tierschutz Berlin, dessen Wagen
       passenderweise vom Label „Grossstadtvögel“ und „Vögeln mit Freunden“
       bespielt wird.
       
       Dass die Musik Mittel zu dem Zweck sein kann, Politmuffel auf einen Rave
       mit Botschaft zu lotsen, geben die Veranstalter offen zu. Voriges Jahr
       hätten 17.000 Menschen teilgenommen, mit mindestens genauso vielen rechnen
       sie auch diesmal.
       
       Die Veranstalter sagen zwar, der Umzug sei nach vier Jahren in der Stadt
       angekommen – dieses Jahr konnte Radio Eins als Medienpartner gewonnen
       werden –, aber wie schon bei der Debütveranstaltung 2015 verkünden sie
       gleichzeitig das Aus der Party-Demo: Nach diesem Jahr solle endgültig
       Schluss sein. Neben dem großen Organisationsaufwand belaste vor allem der
       finanzielle Notstand.
       
       2018 rechnen Hüttmann und Schwan mit Ausgaben von 120.000 Euro, vorhanden
       sei aber ein Startkapital von nur 30.000 Euro. Das Musicboard steuere
       diesmal zwar 18.000 Euro bei, aber nur für die Afterparty, weil sich diese
       nicht explizit politisch geriere. Die Afterparty ist neben Crowdfunding und
       klassischen Spendengeldern die Hauptquelle der Refinanzierung des ansonsten
       nichtkommerziell auftretenden Umzugs.
       
       Aber auch ohne den Zug der Liebe ist der Social Rave für Berlin nicht
       verloren: Mit Bündnissen wie „Wem gehört die Stadt“ oder der Aktion „AfD
       wegbassen“, bei der im Mai Clubbetreiber*innen und Initiativen zur
       AfD-Gegendemo aufgerufen hatten, lebt das technoide Politikerbe fort.
       
       24 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Magnus Rust
       
       ## TAGS
       
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