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       # taz.de -- Bundeskartellamt will mehr Wettbewerb: Internetkonzerne als Gegner gelabelt
       
       > Amazon, Facebook, Google: Sie beherrschen den digitalen Markt. Das
       > Bundeskartellamt will ihre Macht brechen – zum Schutz der
       > Verbraucher*innen.
       
   IMG Bild: Der digitale Alltag wird von Konzernen bestimmt
       
       Berlin taz | Gechattet wird über WhatsApp und Facebook, eingekauft über
       Amazon, gesucht mit Google. Es sind nur wenige Konzerne, die unseren
       digitalen Alltag bestimmen. Wettbewerb? Fehlanzeige. Das Bundeskartellamt
       beäugt die Entwicklungen in der Digitalwirtschaft kritischer denn je.
       Andreas Mundt, Präsident der Behörde, bekräftigte bei der Vorstellung des
       Jahresberichts sein Ziel, den Wettbewerb in der Digitalwirtschaft zu
       schützen.
       
       Bereits 2016 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Facebook
       eingeleitet. Die Behörde wirft dem US-Konzern eine marktbeherrschende
       Stellung vor, die zum Nachteil der Verbraucher*innen ausfallen könnte. Auch
       zu Vergleichsportalen im Netz oder zur Platzierung von Online-Werbung haben
       Mundt und seine Kolleg*innen Untersuchungen angestrengt.
       
       Die Wettbewerbshüter sorgen sich verstärkt um den Schutz der Nutzer*innen –
       und fordern dabei mehr Unterstützung vom Gesetzgeber. „Viele Probleme in
       der Internetwirtschaft könnten mit Befugnissen im Verbraucherschutz
       schneller angegangen und abgestellt werden“, sagt Mundt. Die Behörde will
       also mehr Kompetenzen und sich nicht nur auf wettbewerbsrechtliche Fragen
       begrenzen.
       
       Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt die Forderungen.
       Auch sie spricht sich für mehr Wettbewerb in der Digitalwirtschaft aus.
       Aber: „Der Datenschutz darf dem Wettbewerb nicht zum Opfer fallen“, sagte
       die Juristin der taz. Der Schutz persönlicher Informationen dürfe nicht
       ausgehebelt werden, um wettbewerbliche Probleme anzugehen.
       
       ## Algorithmen bestimmen den Alltag
       
       Ehrig sieht die Politik noch an anderer Stelle in der Pflicht. Längst
       bestimmen Algorithmen oder künstliche Intelligenz unseren Alltag: Beim
       Online-Einkauf, bei Versicherungen, bei Bankgeschäften und künftig auch
       verstärkt beim Autofahren. „Verbraucher müssen verstehen, dass ein
       automatisierter Prozess stattfindet“, sagt Ehrig. Daher fordert sie, dass
       unabhängige Institutionen nachvollziehen können, wie etwa
       Scoring-Ergebnisse für Dienstleistungen zustande kommen.
       
       Am Finanzmarkt liegt die Algorithmenkontrolle in den Händen der BaFin und
       der Börsenaufsicht. Geht es um das autonome Fahren, könnte diese Aufgabe
       das Kraftfahrtbundesamt übernehmen.
       
       Auch Tabea Rößner hält den Verbraucherschutz im Netz für eine „zentrale
       Aufgabe“. Bisher hätte die Bundesregierung außer dem „Buzzword
       Wettbewerbsrecht 4.0“ nicht viel geliefert, sagte die Sprecherin für
       Netzpolitik und Verbraucherschutz der Grünen im Bundestag der taz. Sie
       forderte strengere kartellrechtliche Prüfungen und „echte
       Wahlmöglichkeiten“.
       
       Zum Beispiel beim Thema Datenportabilität. Ganz gleich, ob Nutzer*innen
       über Messenger Informationen streuen, sich über Facebook verlinken oder auf
       Online-Plattformen einkaufen gehen, wechseln sie den Anbieter, können sie
       ihre Daten in der Regeln nicht mitnehmen. Ohnehin ist es heute noch nicht
       möglich, sich zwischen beispielsweise zwei oder mehr Messengerdiensten
       auszutauschen. Technisch wäre dies kein Problem, aber die Anbieter haben
       kein Interesse an mehr Durchlässigkeit. Es fehlt schlicht an Konkurrenz.
       
       Der Online-Handel ist wenig überraschend auch für mehr Wettbewerb, warnt
       aber vor allzu viel Regulierung. „Die Internetwirtschaft ist vielfältig,
       und nicht alles, was technisch möglich ist, wird zu Missbrauch und zum
       Nachteil für den Verbraucher führen“, sagt Oliver Prothmann vom
       Bundesverband Online-Handel. Darunter fällt für ihn auch das viel
       kritisierte dynamic pricing. Also Preise, die sich rasant ändern, je nach
       dem wie sich die Kundschaft verhält.
       
       28 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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