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       # taz.de -- Wachsender Extremismus: Radikalisierung auf allen Seiten
       
       > Verfassungsschutzbericht für 2017: „Reichsbürger“ wachsen am stärksten,
       > Linksextreme gibt es am meisten, und 60 IS-Kämpfer sind zurück.
       
   IMG Bild: Stellte am Dienstag den neuen Verfassungsschutzbericht vor: Innensenator Geisel (SPD)
       
       60 von 130 Berlinerinnen und Berlinern, die als IS-Kämpfer ins
       syrisch-irakische Kriegsgebiet gingen, sind wieder zurück in Berlin, aber
       bislang nicht auffällig geworden. Das war am Dienstag von Innensenator
       Andreas Geisel (SPD) zu hören, als er den Verfassungsschutzbericht für
       2017 vorstellte. Den Bericht prägen steigende Zahlen in fast allen
       extremistischen Lagern. „Der Verfassungsschutzbericht zeigt erneut, dass
       wir nicht aufhören dürfen, wachsam zu sein“, sagte Geisel
       
       Nach Worten des Innensenators bleibt Berlin „einer der Schwerpunkte des
       Salafismus in Deutschland“. Diese Ideologie übe gerade auf junge Menschen
       eine starke Anziehungskraft aus. Im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der vom
       Verfassungsschutz registrierten Salafisten in Berlin von 840 auf 950. Auch
       für 2018 vermeldete Geisel eine Steigerung auf aktuell 990. Der Anteil der
       als gewaltbereit eingeschätzten Salafisten lag 2017 bei 44 Prozent.
       
       Die größte Extremistengruppe stellt nach Zahlen des Verfassungsschutzes die
       linksextremistische Szene, die 2017 gegenüber dem Vorjahr um 160 auf 2.950
       Aktive wuchs. Gewaltbereit sind davon dem Bericht zufolge 970, also etwas
       weniger als ein Drittel. Als ihr wichtigstes Aktionsfeld nannte Geisel den
       Widerstand gegen Gentrifizierung. Über die linksextremistische Szene in der
       Rigaer Straße sagte Geisel: „Es geht ihr lediglich um die dauerhafte
       Konfrontation mit dem ihr verhassten System.“
       
       Knapp halb so groß wie die linksextremistische Szene war 2017 nach Zahlen
       des Verfassungsschutzes das rechtsextremistische Lager mit 1.430 Aktiven,
       ungefähr so viele wie bereits 2016. Der Anteil der Gewaltbereiten ist aber
       weit höher als am anderen Ende des politischen Spektrums: fast 50 Prozent
       gegenüber 32 Prozent bei den Linksextremisten.
       
       ## Reichsbürger haben größten Zuwachs
       
       Den größten Zuwachs erlebte 2017 die Gruppe der „Reichsbürger“, die die
       Existenz der Bundesrepublik nicht anerkennt: Sie wuchs um rund ein Viertel
       auf 500 Anhänger. 110 davon werden als rechtsextremistisch eingestuft. Wie
       viele bewaffnet sind, vermochte der Verfassungsschutz am Dienstag nicht zu
       sagen. Generell allerdings hätten die Reichsbürger eine Nähe zu
       Waffenbesitz, hieß es.
       
       Die AfD taucht im Verfassungsschutzbericht nicht als überwachte Partei auf.
       „Das Programm und die Satzung der AfD sind verfassungskonform“, sagte
       Geisel, sie würden keinen Anlass für eine Beobachtung geben.
       Überschneidungen mit extremistischen Gruppen hält er aber für
       offensichtlich, gerade beim AfD-Nachwuchs. Den aktuellen Umgang mit der
       Partei beschrieb Geisel folgendermaßen: „Es gibt keine Beobachtung, aber
       wir sammeln Daten.“
       
       Ebenfalls nicht in dem Bericht erscheint der Verein „Neuköllner
       Begegnungsstätte“, Träger der Dar-as-Salam-Moschee. Das hatte das
       Oberverwaltungsgericht auf Klage des Vereins im Juli entschieden.
       Hintergrund sind Verbindungen zur Muslim-Bruderschaft.
       
       Senator Geisel wies darauf hin, dass das nicht bedeute, dass es keine
       Beobachtung der Moschee gibt. „Die ist rechtmäßig und läuft
       selbstverständlich weiter.“
       
       28 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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