# taz.de -- Ausbau von Stromnetzen: Altmaier legt Trassen-Turbo ein
> Der Wirtschaftsminister will die Beteiligung der Länder und Bürger
> einschränken, um Stromnetze zügig auszubauen – ein umstrittener Plan.
IMG Bild: Der Ausbau hinkt den Plänen weit hinterher: Hochspannungsleitung in Niedersachsen
BONN taz | Ein Gewinnerthema waren die Stromnetze noch nie. Wo immer eine
neue Leitung geplant ist, gehen die BürgerInnen auf die Barrikaden. Der
tatsächliche Ausbau hinkt den Plänen seit Jahren weit hinterher. Und die
Kosten für das Netz steigen immer weiter. „Wir sind nicht so vorangekommen,
wie es nötig gewesen wäre“, klagt auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier
(CDU). Von den 1.800 Kilometer neuen Leitungen, die 2009 beschlossen
wurden, sei bisher erst weniger als die Hälfte gebaut worden.
Trotz dieser schwierigen Voraussetzungen hat Altmaier die Stromnetze in den
Mittelpunkt seiner Sommerreise gestellt – und das Thema zur „Chefsache“
erklärt. Zum Auftakt stellte er am Dienstag bei der Bundesnetzagentur in
Bonn einen Aktionsplan Stromnetz vor. Vieles darin klingt nach
Selbstverständlichkeiten: So sollen neben dem Bau neuer Leitungen auch
bestehende optimiert werden. Und bei Verzögerungen sollen „konkrete
Hindernisse“ identifiziert und abgestellt werden – was bisher demnach
offenbar nicht der Fall war.
Etwas konkreter wird Altmaier bei der Ankündigung eines Gesetzes, das er im
Herbst vorlegen will. Es soll den Netzausbau vor allem dadurch
beschleunigen, indem Mitwirkungsrechte beschnitten werden. Wenn neue Masten
auf bereits bestehenden Trassen gebaut werden, soll künftig auf die
sogenannte Bundesfachplanung verzichtet werden, bei der sich BürgerInnen
und Verbände einbringen können. Daneben soll das Vorschlagsrecht der Länder
für „zeitraubende Alternativplanungen“ beschränkt werden. „Wir haben einen
Rückstand erreicht, der politisches Handeln erforderlich macht“, sagte
Altmaier.
Grüne und Linke kritisierten diese Ankündigungen. „Die Bundesregierung hat
sich die Maßnahmen auf den Zettel geschrieben, die sie schon seit Jahren
hätte umsetzen können und sollen“, erklärte die Grünen-Energieexpertin
Ingrid Nestle. Den Netzausbau „über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger
hinweg“ zu beschleunigen, sei „der falsche Weg“, meint Lorenz Gösta Beutin
(Linke). Kritik kommt auch vom Bürgerdialog Stromnetz, einem Konsortium,
das im Auftrag des Wirtschaftsministeriums über den Netzausbau informiert
und bei Konflikten vermitteln soll. „Es kann einem hinterher auf die Füße
fallen, wenn man die Bürger nicht ausreichend informiert“, sagt Mitarbeiter
Peter Ahmels.
## „Herzensanliegen Energiewende“
Nach Ansicht der Bundesnetzagentur ist der Ausbau der Stromnetze vor allem
notwendig, um den Windstrom aus Norddeutschland in die Verbrauchszentren im
Westen und Süden zu transportieren. „Die Energiewende braucht ein
verlässliches und gut ausgebautes Stromnetz“, sagte der Präsident der
Agentur, Jochen Hohmann. Während diese Einschätzung von den Grünen im
Wesentlichen geteilt wird, bezweifelt der Energiewende-Verband Eurosolar
die Notwendigkeit der neuen Leitungen. „Es gibt keinen Windkraftüberschuss
im Norden“, sagte Eurosolar-Vorstand und SPD-Politiker Stephan Grüger im
WDR. „In Wahrheit geht es beim Netzausbau um den Transport von Kohlestrom.“
Auch der Linken-Abgeordnete Gösta Beutin wirft der Regierung vor, beim
Netzthema nicht ehrlich zu argumentieren. „Der angeblich nicht ausreichende
Netzausbau wird fälschlicherweise zum Anlass genommen, den Ausbau
erneuerbarer Energien zu beschränken“, sagte er. Das wies Altmaier am
Dienstag zurück. „Die Energiewende ist für mich ein Herzensanliegen“,
versicherte er. Der Ausbau werde wie im Koalitionsvertrag zugesagt
weitergehen.
14 Aug 2018
## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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