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       # taz.de -- Spielemesse Gamescom: Zocken, auch fürs Vaterland
       
       > Die Gamescom in Köln ist die weltgrößte Messe für digitale Spiele – und
       > auch für das Militär und den Nachrichtendienst interessant.
       
   IMG Bild: Nur Spaß: Figuren aus einem Computerspiel, hier 2011, nehmen auf der Gamescom einen Besucher fest
       
       Diese Zocker braucht das Land – das zumindest sagt die Bundesregierung. Am
       Dienstag beginnt in Köln die Spielemesse [1][Gamescom], die in diesem Jahr
       ihren zehnten Geburtstag feiert. Bei der Veranstaltung handelt es sich laut
       den Veranstaltern inzwischen um die weltweit größte Messe für interaktive
       Unterhaltung.
       
       Bereits im letzten Jahr meldete die Messe mit über 350.000 Gästen einen
       Besucherrekord, in diesem Jahr erwarten die Veranstalter rund 500.000
       Gäste. Damit wächst die Messe rasant – ebenso wie der Spielemarkt selbst.
       
       Insgesamt 1.000 Aussteller aus 50 Ländern werden für die Messe, die am
       Dienstag für das Fachpublikum und am Mittwoch auch für die Öffentlichkeit
       ihre Tore öffnet und dann bis Samstag geht, erwartet – darunter vor allem
       Unternehmen, aber auch zahlreiche Behörden. So geben etwa das [2][Bundesamt
       für Verfassungsschutz] und die [3][Bundeswehr] an, in diesem Jahr wieder
       mit Ständen auf der Gamescom vertreten zu sein.
       
       Für das Militär und den Nachrichtendienst ist die Messe interessant, um
       künftige Mitarbeiter zu rekrutieren. Beide Staatsinstitutionen mühen sich
       seit Jahren um geeigneten Nachwuchs im IT-Bereich. Gamer, die oft nicht nur
       in Ballerspielen, sondern auch im Umgang mit Technik geübt sind, scheinen
       dazu eine interessante Zielgruppe zu bilden. Anders als bei der
       Digitalkonferenz Re:publica, wo es in diesem Jahr [4][Ärger um Werbestände
       der Bundeswehr gab], wird die Bundeswehr bei der Gamescom nicht
       ausgeschlossen.
       
       Im Mai hatte die Bundeswehr in einer umstrittenen und Aufsehen erregenden
       PR-Aktion [5][vor der Re:publica demonstriert], weil die OrganisatorInnen
       der Gesellschaftskonferenz sich zuvor gegen offizielle Werbestände der
       Bundeswehr ausgesprochen hatten. Die Militärs gerierten sich daraufhin in
       der Opferrolle und attackierten die zivilen Veranstalter öffentlich – was
       ihnen viel Kritik einbrachte. In Köln wird sie sich [6][solche Mätzchen]
       sparen können, dort können Bundeswehr und Verfassungsschutz ihre Stände
       aufbauen.
       
       ## Digitale Spiele als Kulturgut
       
       Auch jenseits von Rekrutierungsinteressen hat die Bundesregierung
       allerdings inzwischen die Bedeutung des Spielemarktes erkannt. Der Branche
       wird eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung digitaler Technologien
       zugeschrieben, etwa im Hinblick auf Prozessorenleistungen, aber auch
       virtueller Realität. So gibt es inzwischen zahlreiche sehr komplexe Spiele,
       deren Produktionen teils weit aufwendiger sind als manche Produktionen von
       Hollywood-Blockbustern fürs Kino.
       
       Die Branche ist seit Langem bemüht, die staatlichen Fördertöpfe in
       Deutschland zu vergrößern und kämpft für die Anerkennung von digitalen
       Spielen als Kulturgut. Dabei geht es um kulturelle Anerkennung, aber auch
       um viel Geld – und potenzielle Arbeitsplätze. Zwar gehört Deutschland
       international zu den größten Märkten für Spiele, aber nicht zu den größten
       Produzenten.
       
       Im letzten Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Messe selbst
       eröffnet und die Branche als „starken Pfeiler der deutschen Wirtschaft“
       bezeichnet – was die Unternehmen als ihren eigenen „Ritterschlag“ feierten.
       In diesem Jahr wird neben der Staatsministerin für Digitalisierung,
       Dorothee Bär (CSU), auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin
       Laschet (CDU) erwartet. Im Mai hatte Laschet bereits recht vollmundig zu
       einem sogenannten Games-Gipfel geladen, bei dem er mit 30 ausgewählten
       Gästen sprach. Sein Ziel: Nordrhein-Westfalen zum Games-Standort Nummer
       eins in Deutschland zu machen, einschließlich entsprechender Staatsgelder.
       
       Im vergangenen Jahr ging die Messe schließlich mit einem vorläufigen
       Besucherrekord zu Ende – andererseits auch mit einer Warnung der
       Bundesdrogenbeauftragten. Diese hatte gemahnt, die Spieleindustrie tue zu
       wenig für den Schutz Jugendlicher vor Spielsucht.
       
       20 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gamescom.de/
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   DIR Martin Kaul
       
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