# taz.de -- Nach verpufftem Bamf-Skandal: Bremen darf nicht arbeiten
> Obwohl alle Asylentscheidungen des Bamf Bremen untersucht sind, bleibt
> die Außenstelle stillgelegt. Eine Entschuldigung wäre angebracht.
IMG Bild: Wer die Augen verschließt, muss die Realität nicht sehen: Bundesinnenminister Horst Seehofer
Bremen taz | Die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) darf noch immer nicht arbeiten. Obwohl die Sonderprüfung
von rund 18.000 positiven Asyl-Entscheidungen in Bremen inzwischen
abgeschlossen ist. Das Bamf bestätigte der taz, dass immer noch nicht
absehbar sei, wann der Normalbetrieb wieder aufgenommen werden soll. Die
Entscheidung dafür liege beim Bundesinnenministerium.
Als noch offiziell unbestätigtes Ergebnis sind lediglich grobe
Unregelmäßigkeiten herausgekommen. Angesichts der Prüfzahl und der
anfänglichen medialen Schnappatmung im vermeintlichen Bamf-Skandal reicht
es wohl gerade einmal in circa 160 Fällen zu einem groben Hinwegsetzen über
Vorgaben – also noch nicht mal in einem Prozent der untersuchten Fälle.
Eine Zahl, der die Bamf-Zentrale in Nürnberg zumindest nicht widerspricht.
Näher äußern will die Behörde sich noch nicht: Die Sonderprüfung Bremen mit
18.000 Fällen sei zwar abgeschlossen, eine Bewertung stehe jedoch noch aus.
Passen würde die niedrige Zahl zu dem, was bislang auch offiziell richtig
ist: Wirklich zurückgenommen sind bislang im gesamten Komplex nur 13
Asylentscheidungen, an denen die im Skandal verdächtigten Anwaltskanzleien
gearbeitet hatten. Deren Entscheidungen aus Bremen und anderen
norddeutschen Ländern werden parallel noch detaillierter und gesondert vom
zuständigen Fachreferat geprüft. Eine genauere Überprüfung dieser wiederum
4.500 Verfahren dauert nach Auskunft des Bamf noch Monate an. [1][Ebenfalls
durchgesickert ist, dass mindestens 501 dieser Verfahren bereits überprüft
wurden].
Wenn aber die Bremer Sonderprüfung schon abgeschlossen und offenbar wenig
skandalös ist, warum dürfen dann die Bremer Kolleg*innen nach all den
Vorverurteilungen nicht wieder anfangen zu arbeiten?
Eine Nachfrage beim Bundesinnenministerium (BMI) ergab, dass Horst Seehofer
(CSU) noch zu keiner Neubewertung der Vorgänge kommt. Bis auf Weiteres ist
es dem Bremer Bamf vom Innenminister weiter verboten, regulär zu arbeiten.
Seehofer bleibt bei nachrichtlich längst überholten Vorverurteilungen:
Neben [2][zahlreichen Medien] hat auch Seehofers Behörde den
[3][Mitarbeiter*innen des Bamf Bremen vieles angedichtet]. Einen
„handfesten schlimmen Skandal“ nannte er das, wovon jetzt offenbar circa
160 grobe Verstöße übrig geblieben sind – bei denen zudem die juristische
Relevanz ungeklärt ist.
Pro Asyl kritisiert das Innenministerium für dessen sture Haltung. Im Zuge
des vermeintlichen Skandals sei der Eindruck erweckt worden, Menschen
hätten zu Unrecht Schutz bekommen. Ein Vorurteil, dass „auch der zuständige
Bundesinnenminister durch sein Handeln bestärkt“, sagte
Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt [4][in einem Interview] und forderte
eine Positionierung des Innenministers für schutzbedürftige Menschen.
Linke [5][in Bund] und Ländern merkten an, dass Entschuldigungen bei der
gefeuerten Bamf-Präsidentin Jutta Cordtsen und den Bremer Mitarbeiter*innen
auch nicht ganz unangebracht wären. Auf eine mögliche Entschuldigung geht
Seehofers Ministerium nicht ein. Auch wenn die Überprüfung in Bremen
abgeschlossen sei, könne man noch keine Schlüsse ziehen.
Während Asylbewerber in Bremen also weiter behelfsmäßig in die Außenstelle
nach Bad Fallingbostel gekarrt werden, drehen die Mitarbeiter*innen des
Bamfs weiter Däumchen in Schulungen. Nur die Integrationsabteilung konnte
in Teilen die Arbeit wieder aufnehmen.
Und obschon die Ermittlungen der Bremer Staatsanwaltschaft noch auf
unabsehbare Zeit andauern, treibt der Spiegel unter Berufung auf einen
anonymen Anruf im Innenministerium die nächste Sau durchs Dorf: Es habe
geheime Absprachen zwischen dem Bamf und dem Bremer Verwaltungsgericht
gegeben. Richter hätten dem Bamf empfohlen, Asylentscheide positiv zu
bewilligen, um sich von ihrer Aktenlast zu befreien.
Oberstaatsanwalt Frank Passade prüft das, wiegelt aber ab: „Für die
geschilderten Vorwürfe gibt es keinen Anfangsverdacht.“ Absprachen und
Einschätzungen von Gericht und dem Prozessbevollmächtigten einer Behörde
seien in Zivilverfahren üblich und rechtsstaatlich gewollt.
Auch das Verwaltungsgericht Bremen [6][widersprach den Vorwürfen]. Marc
Millies vom Bremer Flüchtlingsrat sagte: [7][„Die neuen Vorwürfe sind
überhaupt keine.“] Die verantwortlichen Journalist*innen hätten anscheinend
nichts aus dem letzten Skandal gelernt.
29 Aug 2018
## LINKS
DIR [1] /Pruefung-der-Bremer-Asyl-Entscheidungen/!5523807
DIR [2] https://community.beck.de/2018/06/14/der-eigentliche-bamf-skandal-erst-der-rufmord-dann-die-recherche
DIR [3] /Immer-mehr-Zweifel-an-den-Vorwuerfen/!5510539
DIR [4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1098505.asylentscheidungen-der-bamf-skandal-der-keiner-war.html
DIR [5] https://twitter.com/katjakipping/status/1034066383821254656
DIR [6] https://www.verwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/Pr-erkl._18_08_27.pdf
DIR [7] https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/2018/08/einen-bamf-skandal-hat-es-nie-gegeben/
## AUTOREN
DIR Gareth Joswig
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